Albtraum hat ein Ende
Weltkonzern zerrt Nürnberger Gründer jahrelang vor Gericht - jetzt ist endgültiges Urteil gefallen
27.03.2025, 14:53 Uhr
Es ist das Ende einer jahrelangen Hängepartie. Wochen, Monate und Jahre, die mit viel Kopfweh und Problemen einhergingen. Rückblick: Der 37-jährige Sebastian Dresel – in Nürnberg aufgewachsen und dort auch einen Großteil seines Lebens verbracht – gründete mit seinem Geschäftspartner Laurin Lehmann vor drei Jahren in Stuttgart ein Unternehmen, das Deutschlands erste Agavenspirituose vertreibt. In diesem Zuge meldete man im März 2021 auch die Brand beim Europäischen Markenamt als Marke an. Nur wenige Zeit später sollte dann jedoch ein Widerspruch erfolgen, der das Gründer-Duo in einen jahrelangen Rechtsstreit treiben sollte. Und das nicht mit irgendwem. Der Widerspruch wurde im Auftrag für die Mast-Jägermeister SE eingelegt. Mit einem Kräuterlikör wurde das Unternehmen quasi weltbekannt. Umsätze in Millionenhöhe stehen Jahr für Jahr zu Buche.
Zusätzlich zum Widerspruch vor dem Europäischen Markenamt machte die Gegenseite auch zivilrechtliche Ansprüche wegen angeblicher Markenrechtsverletzung geltend. Der Vorwurf von Jägermeister damals: Das Start-Up verwende einen Tierkopf, der dem Hirschkopf auf dem Kräuterlikör von Jägermeister zu ähnlich sei und daher ihre Markenrechte verletze. Neben Unterlassung forderte Jägermeister unter anderem auch Schadensersatz, Rückruf und Vernichtung. Schnell war Dresel und Lehmann klar – diese Ansprüche können das sofortige Aus für das noch junge Unternehmen bedeuten.
Also hielten die Founder dagegen: Es handele sich bei ihrem Produkt zunächst schon mal nicht um einen Kräuterlikör. Außerdem verwende Jägermeister das charakteristische Jagdsymbol „Hubertushirsch“ für seine Marke. Das Start-Up verwende auf seinen Etiketten jedoch eine Illustration, die ein Fabelwesen zeige, welches eine Fusion aus Stier und Hirsch darstelle. Ziel sei es gewesen, die Welten Mexico und Schwarzwald thematisch zusammen zu führen. Die Verzierungen im Stile des mexikanischen „Dias de los Muertos“ und der rote Bollenhut auf dem Kopf der Illustration sollen zusätzlich klar machen, dass es sich hierbei nicht um eine naturgetreue Abbildung eines Tiers handele. Außerdem gebe es mehrfach Beispiele von anderen Spirituosen-Unternehmen, die Tierköpfe mit Geweih für ihre Marken verwenden, so die jungen Gründer. Dies sei, anders als es der Konzern aus Wolfenbüttel für sich beanspruche, kein Alleinstellungsmerkmal der Marke Jägermeister.
Erster Rechtsstreit über eineinhalb Jahre
Es folgte ein Rechtsstreit über eineinhalb Jahre mit der Gegenseite, der im März 2023 zunächst durch eine Entscheidung des Landgerichts Hamburg vorläufig beendet wurde. Das Urteil: Die Klage von Jägermeister wird abgewiesen. Laut Gericht fehle es an der Zeichenähnlichkeit. Bei „Selva Negra“ sei klar ersichtlich, dass es sich um ein Fabelwesen – eine Fusion aus Stier und Hirsch – handeln würde. Auch wäre es klar ersichtlich, dass sich die Gestaltungen der Etiketten maßgeblich voneinander unterscheiden. Mangels Zeichenähnlichkeit fehle es an der Markenrechtsverletzung – weswegen auch keine daraus resultierenden Ansprüche bestehen können. Weil die Gegenseite jedoch damals direkt Berufung einlegte, war das Thema noch lange nicht vom Tisch.
Zwei weitere Jahre später endlich juristische Klarheit
Nun, fast auf den Tag genau zwei weitere Jahre später, hat die jahrelange Auseinandersetzung wohl auch offiziell und endgültig ein Ende. Wie die Kanzlei KPW PartmbB nun in einer Pressemitteilung von 25. März 2025 erklärt, habe ein Gericht auch die Berufung der Streitpartei zurückgewiesen. Damit hat das Start-up auch rein rechtlich endgültig in dem Markenstreit gewonnen.
Wie Rechtsanwalt Clemens Pfitzer in diesem Zusammenhang weiter erklärt, sei durch das Hanseatische Oberlandesgericht mit einem Urteil vom 13. Februar 2025 die Berufung des Weltkonzerns gegen die Gründer zurückgewiesen worden. Damit sei auch das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Hamburg bestätigt worden.
Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig und nun auch offiziell im Netz so einlesbar. „Mit diesem Erfolg für Selva Negra vor dem Oberlandesgericht Hamburg ist der Rechtsstreit beendet. Beide Instanzen sind unserer Auffassung gefolgt und haben bestätigt, dass Selva Negra nicht die Rechte von Jägermeister verletzt“, so Clemens Pfitzer, Partner der Stuttgarter Kanzlei KPW, der das Unternehmen in den Verfahren vertreten hat.
Nürnberger Gründer blickt positiv in Zukunft
Auch der Nürnberger Dresel zeigt sich nach dem Urteil positiv gestimmt: „Die vergangenen Jahre waren für uns als junges Unternehmen eine herausfordernde Zeit. Als Start-up, das erst seit drei Jahren am Markt ist, ist es sicherlich nicht alltäglich, sich in einem Rechtsstreit mit einem großen Konzern wie Jägermeister wiederzufinden. Umso glücklicher sind wir, dass wir diesen Prozess nun hinter uns lassen können und uns wieder voll und ganz auf das konzentrieren dürfen, was uns antreibt: unsere Leidenschaft für hochwertige Agavenspirituosen“.
Man sei zudem von Anfang an überzeugt gewesen, sich korrekt verhalten zu haben. Das habe das Urteil nun auch genauso bestätigt. Für den Nürnberger Sebastian Dresel und seinen Geschäftspartner Laurin Lehmann geht es nun also erstmals nach Jahren wieder ohne juristische Kopfschmerzen in die Zukunft.