15 "Fluchthelfer" in Gunzenhausen

10.5.2016, 06:25 Uhr
15

© Jürgen Eisenbrand

Die 61-Jährige bemüht sich als „Sprachvermittlerin“ darum, die Flüchtlinge Deutsch zu lehren. Aber nicht nur das: „Sprache ist der Schlüssel zu allem, aber Sprache ist mehr als nur Worte“, sagt Ortega, die in Bamberg aufwuchs und selbst 35 Jahre lang in Südamerika lebte. Seit zweieinhalb Jahren wohnt sie nun in dem Gunzenhäuser Stadtteil am Altmühlsee, und es ist ihr „ein Herzensanliegen“, sich für ein friedliches Miteinander einzusetzen. Deshalb verhilft sie den Flüchtlingen eben nicht nur zu ersten Sprachkenntnissen: „Wir liefern auch die Werte mit, die hier bei uns gelten“, sagt Ortega – also etwa Pünktlichkeit und der tolerante Umgang mit anderen Religionen. Sie vermittle, betont sie, „Sprache und interkulturelle Kompetenz“ – auch an andere ehrenamtliche Deutschlehrer.

Und das derart erfolgreich, dass sie in den vergangenen acht Monaten im Auftrag des bayerischen Sozialministeriums das 70-seitige Arbeitsbuch „Mehr als Worte“ erstellen durfte, das in Kürze bundesweit als „Leitfaden für Sprachvermittler in der Flüchtlingsarbeit“ (Untertitel) verteilt werden wird.

Zur Eröffnung der Ausstellung hatte Sparkassenvorstand Jürgen Pfeffer zum einen die Größe der Aufgabe betont, die der Ansturm der Flüchtlinge mit sich bringe. Zum anderen warb er auch um Verständnis für die Schutzsuchenden: „Unsere Generation lebt in einer Phase andauernden Friedens und nie dagewesenen Wohlstands“, sagte er. Unsere Sorgen seien klein gegen die der Flüchtlinge. Und man könne kaum „nachempfinden, wie eine Mutter sich fühlt, die ihren minderjährigen Sohn wegschickt“, damit wenigstens er in Sicherheit leben könne.

„2015 war ein hartes Jahr für uns“, erinnerte sich Landrat Gerhard Wägemann an die Probleme, die die große Zahl der Asylbewerber seinem Amt beschert habe. „Ohne den Einsatz der vielen Ehrenamtlichen wäre es unmöglich gewesen, diese Probleme so zu lösen wie geschehen“, dankte der CSU-Politiker den mehr als 800 Helfern im Landkreis, die sich, in 20 Helferkreisen organisiert, um etwa 1000 Flüchtlinge gekümmert hätten. „Als Zeichen für Offenheit und Toleranz“, wertete Wägemann dieses Engagement.

„Offenheit und Toleranz“

Auch Bürgermeister Karl-Heinz Fitz ist der Ansicht, die Probleme seien „sehr, sehr gut gemeistert“ worden. In Gunzenhausen lebten derzeit 115 Flüchtlinge, mit weiteren 200 in der Erstaufnahmeeinrichtung Industriestraße, die Ende April an den Landkreis übergeben wurde, sei eigentlich gerechnet worden: „Die Einrichtung ist bereit, wir sind auch bereit“, sagte Fitz. Sprachkurse seien ebenso vorbereitet worden wie die Betreuung von Kindern, eine medizinische Versorgung und die Ausstattung mit Kleidung.

Fitz forderte dazu auf, sich den Flüchtlingen gegenüber zu öffnen, auf die zuzugehen und sie kennenzulernen: „Denn nur was fremd ist, macht uns Angst.“ Anlass für diesen Appell war ein Besuch in der Stephani-Schule am Montag, bei dem er von einem Schüler gefragt wurde, was er zu tun gedenke, um die Nachbarn der Erstaufnahmeeinrichtung vor deren Bewohnern zu schützen. Fitz: „Das hat mir die Sprache verschlagen!“ Er hoffe jedenfalls, dass die Ausstellung in der Sparkasse dazu beitragen könne, Vorurteile abzubauen und einen Austausch mit den Asylsuchenden zu fördern.

Veronika Ortega jedenfalls ist sich sicher, dass man Neuankömmlinge wegen ihrer Herkunft nicht pauschal in Schubladen einsortieren dürfe: „Dann gibt es keine Integration.“ Und man müsse sich immer wieder vor Augen halten: „Wir kümmern uns nicht um ,Flüchtlinge‘, sondern um Menschen.

 

Keine Kommentare