Imposanter Greifvogel ist zurück
Fast ausgerottet, jetzt wieder im Landkreis zuhause: Der Uhu
6.5.2024, 15:14 UhrMacht aber nichts, denn beim Monatstreffen des Landesbundes für Vogelschutz (LBV) kommen weitgehend Gleichgesinnte zusammen und viele davon sind Experten auf dem ein oder anderen Gebiet der Vogelwelt.
Erwin Taube aus Ipsheim ist im Landkreis vornehmlich wegen seines Engagements zum Schutz der Störche bekannt. Sein Bruder Erich, der in Bad Windsheim lebt, wiederum hat sich über Jahrzehnte den Ruf eines Fledermaus-Experten erworben. An diesem Abend führt der „Storchen-Taube“ das Wort und er beweist, dass die ehrenamtlichen Experten in der Kreisgruppe meist nicht nur einer Tier- oder Pflanzenart ihre Leidenschaft schenken, sondern mehrgleisig unterwegs sind.
Keine einfache Unterscheidung
Das „Huu-Hu-Huuu“ kann ja offensichtlich nicht dem Storch zugeordnet werden. Der unbeleckte Gast kann zumindest für sich in Anspruch hier den Uhu herausgehört zu haben. Richtig erkannt. Doch was ist mit dem zweiten „Huu-Hu-Huuu“? Klingt genauso, nur die Abstände zwischen den Rufen sind anders. Klar, es ist der Waldkauz, der so in der Balzzeit ruft. Spätestens jetzt wird deutlich, dass schon eine gehörige Portion Enthusiasmus dazu gehört, sich in die Feinheiten des Lebens der Eulen einzuarbeiten.
Beim LBV im Landkreis engagieren sich eine Reihe solcher Enthusiasten in einer eigenen Eulengruppe, die über viele Jahre von Herbert Klein, dem langjährigen Vorsitzenden der Kreisgruppe, angeführt wurde. Teil dieser Eulengruppe ist Erwin Taube, der mit augenscheinlich großer Begeisterung von der Rückkehr des Uhus in unsere Region berichtet. Der Uhu ist die größte Art der Familie der Eulen, die in Deutschland heimisch sind. Lange Zeit wurde der Greifvogel von den Menschen gnadenlos verfolgt. Er galt „Kochtopfkonkurrent“, weil er im Ruf stand, Hasen und sogar Rehkitze zu schlagen.
Grausames Schicksal der Küken
Noch grausamer war das Schicksal der Uhu-Küken, die den Nestern entnommen wurden und auf Baumstämmen festgebunden als Lockmittel für Krähen und andere Greifvögel diente, die dann von sogenannten Prämienjägern aus nächster Nähe erlegt wurden. Mitte der 20. Jahrhunderts war der Uhu dann in Deutschland so gut wie ausgerottet. Selbst ein um 1934 verfügtes Jagdverbot trug nicht mehr dazu bei, dass sich die Population nochmals erholen konnte. Mitte der 1960er Jahre lebten bundesweit nur noch rund 40 Uhu-Paare in Thüringen, Sachsen und Bayern.
Wie Erwin Taube erläuterte, ist es vor allem engagierten Naturschützern zu verdanken, dass der Uhu Schritt für Schritt in Deutschland wieder angesiedelt werden konnte. Beispielsweise konnte in Schleswig-Holstein 1982 nach rund einhundert Jahren wieder ein Bruterfolg eines Uhu-Paars vermeldet werden. In Unterfranken meldeten 1979 Eulenexperten nach Jahrzehnten ohne Nachweis des Greifvogels erstmals ein „rufendes Paar“.
Gewölle und Igelbalg
Womit man beim Punkt „Nachweis von Uhuvorkommen“ wäre und dieser gestaltet sich alles andere als einfach. Da der Uhu nachtaktiv ist, ist die „Sichtung“ nicht unbedingt erste Wahl, aber logischerweise eine verlässliche Methode. Das „Verhören“, also die Rufe des Uhus – vor allem in der Brunftzeit – zu registrieren, gilt als guter Anhaltspunkt, ebenso der Fund von charakteristischem Gewölle, dem Auswurf unverdaulicher Nahrungsreste.
Ein Raunen geht durch den Raum, als die Sprache auf den „Igelbalg“ kommt. Der Uhu ist nämlich einer der natürlichen Feinde des Igels und lässt sich von den Stacheln nicht weiter stören. Wird ein vom Uhu regelrecht ausgeschälter Igelkörper am Boden gefunden, so ist es ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Greifvogel hier auf Beutezug war.
Bleibt noch die Frage, seit wann im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim der streng geschützte, aber nicht mehr auf der Roten Liste stehende Uhu wieder zurückgekehrt ist. So ganz eindeutig lässt sich das nicht sagen, so Erwin Taube. Undatiert ist laut dem LBV ein Fund eines toten Jungvogels mit verkrümmtem Schnabel bei Egenhausen. 1991 wurde ein ebenfalls totes Exemplar bei Weigenheim gefunden. Danach gab es einige weitere Sichtungen und die Rettung eines Uhus aus einer Güllegrube, doch es dauerte bis 2002 ehe Herbert Klein erstmals einen Bruterfolg im Landkreis vermelden konnte. Eine letzte Brutvogelkartierung, die in den Jahren 2005 bis 2009 stattfand, ging von 420 bis 500 Uhu-Brutpaaren in ganz Bayern aus. Aktuellere Zahlen liegen derzeit nicht vor.
Den scheuen Tieren auf der Spur
Erwin Taube ist derweil mit der Eulengruppe weiter auf der Suche nach Brutpaaren im Landkreis. Meldungen über Sichtungen gehen die Mitglieder der Gruppe nach und versuchen den scheuen Tieren auf die Spur zu kommen. Ein mühseliges Geschäft, wie die (Such-)Bilder vom Eulenexperten beweisen, die die kaum zu sehenden Nester in Steinbrüchen und Tongruben zeigen. Weder die Jungtiere noch die Eltern sind auf den ersten Blick sichtbar und oftmals spitzen nur die Federohren der Altvögel aus dem Gestein.
Der mit seinen bis zu 1,50 Meter Spannweite (die Weibchen bringen es sogar auf bis zu 1,80 Meter) imposante Greifvogel ist dennoch vielen Gefahren ausgesetzt, vor allem wenn die Uhus sich für eine Gelege auf dem Waldboden entscheiden. Nester bauen sie nämlich nicht selbst, sondern nutzen allenfalls ein aufgelassenes Bussard-Nest. In den Steinbrüchen und Tongruben sind es kleine Felsvorsprünge auf denen sich die Uhus gerne niederlassen.
Brutplätze bleiben ein Geheimnis
Wo der Uhu im Landkreis tatsächlich zu finden ist, bleibt aber ein Geheimnis der Eulengruppe und einiger weniger Eingeweihter. Zu groß ist die Gefahr, dass die Greifvögel von neugierigen Besuchern gestört werden oder gar die Nester geplündert werden. So bleibt der Uhu für uns Normalmenschen ein geheimnisvoller Begleiter der Nacht. Es sei denn uns schallt beim Spaziergang mal ein „Huu-Hu-Huuu, Huu-Hu-Huuu“ entgegen. Denn ausgiebig gebalzt wird bei den Uhus auch tagsüber oder in den Abendstunden und nicht nur nachts.
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