Start: Bürgeraktion gegen geplanten Stadionausbau

14.10.1971: Nach dem ersten Tag 15.000 Stadion-Gegner

14.10.2021, 07:00 Uhr
14.10.1971: Nach dem ersten Tag 15.000 Stadion-Gegner

© N.N.

Am gleichen Tag forderten in Bonn die Vorsitzenden der CDU/CSU-Stadtratsfraktionen aus den Bewerberstädten für die Fußballweltmeisterschaft 1974 – Stadtrat Georg Holzbauer vertrat dabei Nürnberg – mehr Zuschüsse des Bundes für die finanziell ohnehin schon überforderten Städte. Mit Flugschriften und über Lautsprecher wendet sich die Bürgerinitiative, der der Jugendbeirat der Stadt, das Jugendzentrum, die Jungdemokraten, die Jungsozialisten, der Bund der Steuerzahler und der Bund deutscher Pfadfinder angehören, gegen das geplante 20 bis 30 Millionen DM teure Projekt. Als Argumente gegen den Ausbau führt die Aktion unter anderem die Zehn-Millionen-Deckungslücke 1971 im Stadtetat, 6000 notwendige Kindergartenplätze und sechs Millionen fehlende DM für den Bau des Scharrer-Gymnasiums auf.

„Alte Mitbürger müssen jahrelang auf einen Platz im Altenheim warten und im Städtischen Krankenhaus müssen Patienten auf dem Flur liegen“, heißt es in der Flugschrift. Peter Grabbe, der Leiter des Nürnberger Jugendzentrums und einer der Sprecher der Bürgerinitiative: „Wenn wir genug Unterschriften beisammen haben, ziehen wir ins Rathaus, damit der Beschluß des Stadtrats, in Nürnberg Weltmeisterschaftsspiele auszurichten, noch einmal überprüft wird. Gegebenenfalls werden wir sogar einen Volksentscheid organisieren.“ Noch bis einschließlich Samstag, 18. Oktober, sammeln die Stadiongegner am Duda-Eck, vor Merkur am Aufseßplatz, am Weißen Turm und am Hauptbahnhof Unterschriften.

Völlig unzureichend

Kommunalpolitiker der Union aus den Städten, in denen die Weltmeisterschaftsspiele stattfinden sollen, bezeichneten in Bonn die für 1974 bereitgestellten Mittel von 50 Millionen DM als „völlig unzureichend“. Angesichts der ungenügenden Bundeszuschüsse, der rapide steigenden Baupreise und der völlig unzureichenden Finanzausstattung der Gemeinden, sei eine ganze Reihe von Bewerberstädten kaum noch in der Lage, ihre Zusagen auf Ausbau ihrer Stadien aufrechtzuerhalten. Die Sport-Fachleute der CDU/CSU verlangen von der Bundesregierung eine verbindliche Erklärung, ob es ihr mit der Unterstützung der Fußballweltmeisterschaft ernst sei: sie fordern mindestens eine Drittelbeteiligung Bonns an den Kosten.

Sollte die Stellungnahme unbefriedigend sein, „sehen sich die CDU- und CSU-Stadtratsfraktionen nicht mehr in der Lage, für die Fußballweltmeisterschaft in ihren Städten zu votieren“. An den Deutschen Fußballbund wollen die Unions-Mitglieder appellieren, die Ausbaumaßnahmen zu überprüfen und nicht unbedingt notwendige, aber trotzdem kostspielige Auflagen zurückzuziehen.

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