Lorenzer Wald kein abschirmendes Erholungsgebiet

In fünf Jahren waren 570 Hektar abgeholzt

17.10.2021, 10:12 Uhr
In fünf Jahren waren 570 Hektar abgeholzt

© N.N.

Zu diesem Urteil kommt Professor Werner Rutz von der Ruhr-Universität Bochum. Seinen Aufsatz über die Probleme der Reichswald-Nutzung (geschrieben als Anregung zum Erd- und Gemeinschaftskunde-Unterricht) betrachtet auch die Oberforstdirektion Ansbach-Bayreuth als Lehrstück. Deshalb will sie das Areal, aus dem seit 1820 schon über 7200 Hektar herausgebrochen worden sind, künftig hartnäckig gegen ungerechtfertigte Zugriffe verteidigen. „Wir werden nur noch dann Gelände abgeben, wenn es im öffentlichen Interesse unumgänglich ist“, gibt Forstdirektor Günter Zahner eine Sparsamkeits-Devise aus, die von den Anrainern bestimmt nicht gern gehört wird. Denn die angrenzenden Städte und Gemeinden möchten im Interesse ihres Wachstums gern noch mehr Wald zu Wohn- und Gewerbeflächen machen. Dagegen mußte der Anspruch, den Wald zu erhalten und für die Erholung der Bevölkerung auszubauen, mangels einer durchsetzbaren Großraumplanung immer wieder zurückstehen. „Erst in Erholungsnotstandsgebieten formieren sich Gegenkräfte zu Schutz- und Planungsgemeinschaften, die sich Ausbau und Pflege stadtnaher Erholungsräume zum Ziel setzen“, erinnert der Professor, ehe er die lokale Diagnose stellt: „Beim Nürnberger Reichswald ist dieser Punkt erreicht.“

Allein zwischen 1966 und 1970 sind 570 Hektar Waldboden zu Industrie- und Wohnflächen oder zu Straßen geworden, wobei der Staatshafen Nürnberg mit dem anschließenden Industriegelände besonders schwer zu Buche schlägt. Das Ergebnis: der Waldrand auf der Lorenzer Seite wurde um fünf bis sechs Kilometer zurückgedrängt. Die restlichen 3300 Hektar im Bereich des Forstamtes Nürnberg-Süd sind so von Leitungsschneisen und Straßen durchzogen, daß von einer zusammenhängenden Waldfläche und damit von einer Ruhezone kaum mehr die Rede sein kann. Abgesehen davon, daß der Plan, den Amerikanern bei Feucht weiteres Gelände zu Übungszwecken zu geben, zunächst einmal gescheitert ist, gliedert der US-Flugplatz und die Muna den durch äußere Flächenabtretungen schmal gewordenen Wald weiter auf. Ähnlich sieht es auf der Sebalder Seite aus, wo Erlangen weiter nach Süden vorgedrungen ist. Besonders schmerzlich macht sich jedoch der Verlust von fast 450 Hektar durch den amerikanischen Schießplatz bei Tennenlohe bemerkbar. Dazu kommen laufend neue Anforderungen, mit denen die Stadt Nürnberg beileibe nicht allein dasteht. Behringersdorf, Rückersdorf, Röthenbach an der Pegnitz, Schwaig, Wendelstein, Worzeldorf: sie wollen sich alle ausdehnen und liebäugeln mit Stücken aus dem Reichswald, der nicht nur wegen der Erholungsmöglichkeiten für die Menschen im Ballungsraum wichtig ist.

Dr. Hanskarl Göttling, Leiter der Nebenstelle Nürnberg des Liegenschaftsreferats bei der Oberforstdirektion, weist dem Umweltschutz noch mehr Bedeutung zu. Der Reichswald speichert Wasser wie ein Schwamm, reinigt die Luft, gibt Sauerstoff her und schützt vor Lärm. „Dazu braucht man aber zusammenhängende Flächen, Waldfetzen haben da keinen Sinn“, erklärt Forstdirektor Günter Zahner, der Chef des Liegenschaftsreferates, der nur dann für Abtretungen Verständnis zeigt, wenn sie im öffentlichen Interesse liegen.

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