"Mary Shelley": Frankensteins Schöpferin

27.12.2018, 08:00 Uhr

© Prokino

Mary Shelley war erst 20 Jahre alt, als vor 200 Jahren ihr Roman "Frankenstein oder Der moderne Prometheus" erschien. Dass nicht ihr Mann Percy Shelley diese bis heute faszinierende, gesellschaftlich und psychologisch relevante Gothic Novel verfasst hatte, sondern die junge Frau selbst, davon musste die literarische Welt ihrer Zeit erst überzeugt werden. Haifaa Al Mansour, die mit ihrem Spielfilmdebüt "Das Mädchen Wadjda" - dem ersten Langfilm aus Saudi-Arabien überhaupt - bereits eine Emanzipationsgeschichte fürs Kino realisiert hat, führte nun auch bei dem Kostümfilm "Mary Shelley" Regie.

Sie zeigt Mary, die mit ihrer Schwester beim verschuldeten Vater und einer klischeehaft bösen Stiefmutter in London aufwächst, als selbstbewussten Teenager. Wie Wadjda mag sich auch das fantasiebegabte Mädchen, das am Grab der früh verstorbenen Mutter erste Schauergeschichten schreibt, den gesellschaftlichen Konventionen seiner Umgebung nicht einfach fügen. Angeblich weil Mary (Elle Fanning) ihre eigene literarische Stimme finden soll, aber eigentlich wegen des Familienfriedens, schickt der Vater, ein Buchhändler und Philosoph, sie nach Schottland. Dort lernt Mary den begabten jungen Schriftsteller Percy Shelley (Douglas Booth) kennen. Sie verliebt sich in den charmanten Freigeist, der verheiratet ist und eine Tochter hat, und lässt sich auf seine libertinären Vorstellungen von Liebe und Beziehung ein.

Über ihn erfährt die junge Frau von der Methode der Galvanisierung, bei der durch Elektrizität die Glieder eines toten Frosches zum Zucken, also förmlich zum Leben gebracht werden. Bei Al Mansour ist das der Moment, der Mary zu Frankensteins Monster inspiriert. Und wenn es nach der Regisseurin geht, hat die junge Literatin ihre gruselige Figur mit derselben Einsamkeit ausgestattet, die sie selbst empfand.

An Reife und Verantwortungsbewusstsein ist Mary nicht nur ihrem narzisstischen Lover, sondern auch dem exzentrisch Lord Byron überlegen, in dessen Haus sie ihren Roman schreibt. Im Fokus dieses konventionell gemachten, reich ausgestatteten und teils mit schwülstigem Soundtrack unterlegten Historiendramas steht somit eine junge Frau, die beharrlich ihren Weg geht. Genau das macht die Geschichte zeitlos und neben dem historischen Aspekt interessant. (GB/IR/LUX/120 Min.)

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