Im Rausch der Bilder
4.10.2010, 19:30 UhrDen Schritt ins Zeitalter der Maschinen und damit in die Moderne markiert ein nicht weniger revolutionärer Schritt: die Nutzbarmachung der Dampfkraft. Und so schnauft und stampft alsbald der Adler über die Kuppelwände. Mal von oben, mal schräg von der Seite, dann sogar von unten sind das treibende Räderwerk und Gestänge aus ungewöhnlichen Perspektiven zu bestaunen. Das hat man so noch kaum gesehen — schon in den ersten Bildfolgen wird deutlich, was die im Sommer eingebauten Projektoren und die Datenbank im Hintergrund zu leisten vermögen.
Dabei reizt die Show unter dem Titel „Vom Adler zum Spaceshuttle“ die ästhetischen Spielräume erst teilweise aus: Ungewöhnliche Perspektiven, Überblendungen, dynamische Schnitte — all das gibt es längst auch im Kino. Doch das Produktionsteam aus ehemaligen und heutigen Studierenden der Ohm-Hochschule mit Planetariumsleiter Klaus Herzig hat sich mächtig ins Zeug gelegt, um die Gestaltungsräume auszuloten und die unterschiedlichen Möglichkeiten zu demonstrieren. So unterhalten sich zur Auflockerung in einer Figurenanimation Johannes Scharrer und Zacharias Platner über den Erfolg der vor allem von ihnen vorangetriebenen Ludwigseisenbahn — der ersten öffentlichen Bahn in Deutschland.
Herausgekommen ist ein Kaleidoskop, das in verschiedenen Bildsprachen den Bogen vom Adler über das Automobil und die Schifffahrt zur Flugzeug- und Raketentechnik schlägt. Dass hier Bildung auf vergnügliche Art vermittelt werden soll, ist ein löblicher Ansatz, der allerdings das fachkundige und interessierte Publikum kaum ganz befriedigen wird: Denn der Bilderrausch kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Informationsgehalt knapp und an der Oberfläche bleibt.
Den lokalen Bezug stiften nicht allein der Adler und Aufnahmen aus der aktuellen Nostalgie-Ausstellung im DB-Museum, sondern zum Beispiel auch Verweise auf die Luftfahrtpioniere Gustav Weißkopf und Hermann Oberth aus unserer Region. Die Reverenz an den Adler hat ihren besonderen Sinn: Nur einen Steinwurf vom heutigen Planetarium entfernt hatte die aus England importierte Maschine vor 175 Jahren das Zeitalter der Eisenbahn in Deutschland eröffnet. Schon deshalb lag ein Beitrag zum Jubiläum, gefördert aus dem dafür geschaffenen städtischen Finanztopf, buchstäblich nahe. Wie passend, dass damit nun das Planetarium selbst in eine neue Ära aufbricht. Trotz aller amüsanten Effekte kommen die Vorteile der Vollkuppelprojektion am Ende immer noch am eindrucksvollsten bei den Satellitenaufnahmen und der Simulation von Ausflügen ins All zur Geltung.