Die Kunst der Friedensbotschaft

26.11.2018, 10:54 Uhr
Die Kunst der Friedensbotschaft

© Foto: Klaus Klassen

"Wenn ich heute Bilder aus Kriegsgebieten wie Syrien sehe, dann sind meine Gedanken sofort bei Nürnberg", sagt Walter Kuhn. In der Bucher Straße in Nürnberg ist der 1946 Geborene aufgewachsen, und sein täglicher Gang zur Schule am Paniersplatz führte ihn als Kind durch das kriegszerstörte Nürnberg, in dessen Trümmern er nachmittags mit seinen Freunden spielte: Prägende Erlebnisse.

"Never again — niemals wieder" nennt Walter Kuhn deshalb seine aufsehenerregende Kunstinstallation für den Frieden am Münchner Königsplatz. 3500 hüfthohe Mohnblumen aus Kunstseide hat er dort auf den Grünflächen verankert. Die im Durchmesser 70 Zentimeter großen Blüten auf den dünnen Metallstengeln wiegen sich sachte im Wind, verändern ständig ihre Anmutung. "Es ist ein sehr schöner Anblick", sagt Kuhn, der täglich vorbeischaut, um eventuell einzelne Blüten zu reparieren und um mit den Passanten ins Gespräch zu kommen.

Die Mohnblume steht für Kuhn als "großes Symbol" für alle Kriegsopfer. Um die tiefere Bedeutung seiner Kunst- und Friedensaktion auf dem geschichtsträchtigen Münchner Königsplatz nicht nur sinnlich zu vermitteln, steht bei der Installation ein schwarzer Kubus, in dem Anti-Kriegs-Gedichte oder Widerstandsliteratur zu hören sind.

Kampf mit den Institutionen

Lange hat Kuhn, der 1976 nach München gezogen ist und dort als Geograf an der Technischen Universität arbeitete, mit städtischen Institutionen und potenziellen Geldgebern gekämpft, um seinen Traum vom Blumenfeld realisieren zu können. Mehr als 60 000 Euro musste er zusammenbringen, Politiker und Referatsleiter überzeugen und schließlich zig freiwillige Helfer für die Montage der Kunstblumen gewinnen. "Wenn es in München nicht geklappt hätte, hätte ich mir die Installation auch gut auf dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg vorstellen können", sagt Kuhn. Das Blumenfeld ist seine bislang größte Aktion im öffentlichen Raum.

Der Kunst hat sich Kuhn erst nach seinem Ruhestand als Geograf voll und ganz verschrieben. Vor drei Jahren baute er am Münchner Olympiaberg die Installation "Urbane Transhumanz" mit 60 lebensgroßen Schafen aus Holz auf. "Das war eine Metapher für die Situation von Flüchtlingen", sagt der Künstler, dessen Schafe dann auch noch im Botanischen Garten in München "weiden" durften. Der Verkauf der Tiere brachte schließlich 13 000 Euro ein, die an einen Flüchtlingshilfeverein gingen.

Auch die Mohnblumen werden nach ihrem "Verblühen" — das Feld bleibt bis zum 2. Dezember stehen — nicht zerstört: Rund 460 Menschen haben zu Beträgen zwischen 20 und 1000 Euro die Patenschaft für eine Blume übernommen. Am 3. Dezember, können sie — und andere Interessierte auch — eine Blüte als Zeichen des Friedens, der Abrüstung und Versöhnung mit nach Hause nehmen.

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