Es wird wieder getanzt bis zum Umfallen

1.6.2015, 12:06 Uhr
Es wird wieder getanzt bis zum Umfallen

© Draminski

Die Welt ist pink. Zumindest für Frances „Baby“ Houseman in jenem schicksalhaften Sommer 1963, in dem das junge Mädchen sich in den Tanzlehrer Johnny Castle verliebt und aus der behüteten Tochter aus gutem Hause eine leidenschaftliche Showtänzerin wird.

Den Tanzfilm aus dem Jahr 1987 mit Jennifer Grey als Baby und Patrick Swayze als Johnny haben bis heute Millionen Menschen gesehen. Das gleichnamige Musical, das 2004 Premiere hatte, wurde ebenfalls von Filmdrehbuch-Autorin Eleanor Bergstein geschrieben und weltweit in verschiedenen Produktionen aufgeführt.

Eigentlich ist die Bühnenfassung von „Dirty Dancing“ eine Tanzshow, in der beileibe nicht alle Darsteller singen (können) und auf wenige starke Stimmen gesetzt wird, während der Schwerpunkt klar auf spektakulär choreografierten Tanzszenen liegt.

Daran hat sich auch bei der Neuproduktion des „Mehr! Theater am Großmarkt“, nichts Grundsätzliches geändert. Die erst im März eröffnete Spielstätte ist in einer zweckentfremdeten Markthalle in Hamburg untergebracht.

Sie bietet vielfältige Möglichkeiten für Theater- und Musicalproduktionen, Shows, Events, Rock- und Popkonzerte sowie Ausstellungen. Der Saal ist auf 2400 Sitzplätze ausgelegt, kann aber insgesamt bis zu 3500 Zuschauern Platz bieten.

Rasante Hommage

Alex Balga, der bei dieser „Dirty Dancing“-Fassung als „Ko-Regisseur“ firmiert, hat die Ursprungs-Inszenierung aus der Schmiede der Regisseurin Sarah Tipple behutsam modernisiert und ironisiert. Die Choreografien stammen von Kate Champion und Glenn Wilkinson – eine knackige, bunte, sehr rasante Hommage an die Musik der späten 50er und frühen 60er Jahre, an Rock'n'Roll und Soul, Cha-Cha-Cha und Mambo.

Erzählt wird die unverwüstliche Liebesgeschichte in ganz hohem Tempo, ohne die kritischen Untertöne der Filmvorlage auszusparen. Baby setzt sich für Menschenrechte und Gleichberechtigung von schwarzen und weißen Amerikanern – nicht nur damals ein ungelöstes gesellschaftliches Problem – ein, Johnny macht deutlich, wie wenig ihm das „Underdog“-Dasein als Gigolo und Animateur unterer Klasse behagt.

Wenn auf der Bühne greifbare Charaktere statt schablonenhafter Archetypen agieren, dann ist das nicht zuletzt Verdienst der beiden Hauptdarsteller: Die aus Stendal stammende Anna-Louise Weihrauch ging bereits mit 17 nach Hamburg, um Musicaldarstellerin zu werden und hat seither Erfahrung unter anderem in Sprechtheater-Produktionen gesammelt. Maté Gyenei stammt aus Ungarn, stand eigentlich vor einer Karriere als Profi-Fußballer, entschied sich aber dann doch für die Bühne. Eine Entscheidung, die er „zu keiner Zeit bereut hat“, wie er in fließendem Deutsch erklärt.

Benjamin A. Merkl, der in „Dirty Dancing“ den Hotelierssohn Neil Kellerman verkörpert, ist gebürtiger Nürnberger und stand schon in Kassenschlagern wie dem „Kleinen Horrorladen“ auf der Bühne. Er setzt wunderbar skurrile Akzente und sorgt damit für tosendes Gelächter in der ausverkauften Premierenvorstellung.

Dass „Dirty Dancing“ mittlerweile Kult ist, wird klar, wenn Johnny mit Nachdruck fordert „Mein Baby gehört zu mir“ und das Publikum dies mit johlendem Jubel quittiert. Nostalgiefreunde und Tanzfans dürfen sich auf dieses Gastspiel jetzt schon freuen.

„Dirty Dancing“ bis 19. Juni im „Mehr! Theater am Großmarkt“ in Hamburg. Ab 16. Juli gastiert die Tournee-Produktion in der Nürnberger Frankenhalle. Karten beim NN-Ticket-Corner in der Mauthalle, Rabatt für ZAC-Karteninhaber. Bilderschau auf www.nordbayern.de

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