Happy Birthday, Lemmy! Motörhead-Kopf wird 70

24.12.2015, 10:38 Uhr
Markenzeichen "Mikro hoch" und Rickenbacker-Bass: Lemmy von Motörhead.

© Roland Fengler Markenzeichen "Mikro hoch" und Rickenbacker-Bass: Lemmy von Motörhead.

Mikrofon überm Kopf, kehliger Gesang und eine Wand aus Lärm - so kennt man Motörhead. Lemmy Kilmister ist Motörhead. Und das seit 40 Jahren. Die Geschichten über den britischen Sänger und Bassisten sind Legende: Wie er als Mitglied der Space Rocker Hawkwind an der kanadischen Grenze wegen Drogenbesitzes verhaftet wurde und aus der Band flog, wie er Jimi Hendrix Hasch verkaufte, den Sex Pistols das Bassspielen beizubringen versuchte und den Teufel beim Pokern über den Tisch zog. Fakt ist: Solche Typen werden heute gar nicht mehr gebaut.

Manchmal lohnt das Durchhalten dann aber doch. Zu Beginn ihrer Karriere wurde Motörhead als "lauteste, hässlichste und schlechteste Band der Welt" geschmäht, heute tragen Filmstars und Prêt-à-porter-Models T-Shirts mit ihrem Logo. Ihr infernaler Sound wird gerne als Heavy Metal bezeichnet, war aber nie etwas anderes als brutal gespielter Rock ’n’ Roll.

Die große Stärke der Band ist zugleich ihre große Schwäche: Ein einzigartiger Signature-Sound und die damit einhergehende, so radikale wie unbedingte Stiltreue. Von Beginn an wusste Lemmy ganz genau, wie Motörhead auszusehen und zu klingen hatte. Eine Rockband wie ein Ritual. An diesem Rezept wurde stets nur marginal gedreht, bis hin zur nackten Redundanz. 23 Studioalben hat die zumeist im Trio-Format aufspielende Kapelle seit ihrer Gründung 1975 veröffentlicht, ein richtig schlechtes ist nicht darunter.

Im Rückblick wird die Band gerne auf ihre klassische Phase von 1976 bis 1982 reduziert, mit „Fast“ Eddie Clark an der Gitarre und dem im November gestorbenen Phil „Animal“ Taylor hinterm Schlagzeug. Doch gerade das Spätwerk der immergrünen nimmermüden Dampframme offenbart mit Anti-Kriegsballaden, Stahlblues-Nummern und Spoken-Word-Einlagen immer wieder kleine Überraschungen.

Von wegen England

Seit 1995 spielt die Truppe in fester Besetzung, die dem bis heute stolz zelebrierten Motto "Motörhead England" jedoch nicht mehr gerecht wird: Gitarrist Phil "Wizzö" Campbell ist Ire, Schlagzeuger Mikkey Dee kommt aus Schweden, und Lemmy lebt schon seit 1990 im sonnigen Los Angeles.

Interviews mit dem kultisch verehrten Briten waren in all den Jahren oft ein launiger Spaß, egal ob es um Rock ’n’ Roll ("Phil Lynott ist tot und Fred Durst lebt, wie ungerecht ist das denn?!"), Stadtentwicklung ("Ich kann völlig betrunken etwas auf eine Zigarettenschachtel kritzeln, es wird immer besser aussehen als der Potsdamer Platz!") oder Überraschungseier ("Auch nicht mehr das, was sie mal waren") ging.

Im 40sten Bandjahr stehen die Kessel immer noch unter Druck, doch der Käpt’n schwächelt. Wo Altersgenossen wie Mick Jagger, Alice Cooper und Ian Gillan fröhlich ihrem x-ten Frühling entgegentanzen, rächt sich bei Kilmister die jahrzehntelange Sauferei. Wer Motörhead zuletzt live erlebte, blickte in die Augen eines müden alten Trinkers.

Auch auf der laufenden „Bad Magic“-Welttournee mussten immer wieder Konzerte ausfallen, weil The Lem’ nicht mehr konnte. Gleichermaßen entsetzt waren Fans wie Mitmusiker, als der Frontmann ausgerechnet auf dem renommierten britischen Glastonbury-Festival 2015 beim traditionellen Showfinale "Overkill" den Text von "Ace Of Spades" sang und es nicht einmal merkte.

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