Stolze Kämpferin gegen Windmühlen

3.12.2015, 16:00 Uhr
Stolze Kämpferin gegen Windmühlen

© F.: Stefan Schwanke

Verrückt werden, verdrängen, resignieren oder handeln? Für AnnaRosa, die junge Heldin in Root Leebs neuem Roman ist das sonnenklar: Handeln! Sie setzt sich für die Schwachen in der Gesellschaft ein, für Obdachlose und eingesperrte Tiere, für Asylbewerber und Menschen in der dritten Welt. Ihr Credo: „Ich glaube, dass vieles falsch läuft und dass irgendjemand anfangen muss, etwas dagegen zu tun. Eben ich.“

Wie sie das mit ihren „Aktionen“ bewerkstelligt, ist ebenso anrührend wie kreativ, so leidenschaftlich wie letztendlich natürlich sinnlos. Sie rät Pennern, so zu tun, als würden sie Selbstmord begehen, um in bitterkalten Zeiten freie Kost und Logis in den (somit bald überfüllten) psychiatrischen Kliniken der Stadt zu bekommen. Sie geht eine Scheinehe mit Jusuf ein, damit der nicht abgeschoben wird. Sie möbliert Plätze mit ausrangierten Stühlen und Sofas, auf die sie Worte schreibt wie: „Ver-setzen sie sich“ oder „Wohn-Sitz“. Sie ist als Guerilla-Gärtnerin unterwegs, begrünt triste Flächen mit wild wuchernden Wurzelknollen und stellt Schilder neben die Pflanzstellen: „Wo ist das Gute? Es muss hier irgendwo sein!“

Güte und Gerechtigkeit sind ihr Lebensthema. Und ihr Dasein — zumindest das abseits der Uni, wo sie Archäologie studiert und sich in den Prof verliebt — ist ein Kampf gegen Windmühlen. Sie käme ihr vor wie Don Quijotes Schwester erklärt Melissa, die eigene Schwester, die zudem Psychiaterin ist — und als Ich-Erzählerin in dem Roman das Psychogramm der jungen, ihre Umwelt mal beeindruckenden, mal schrecklich nervenden Weltenretterin verdichtet, die zwar für Fremde ihr letztes Hemd gibt, die eigene Familie aber seltsam ausspart in ihrem Übermaß der Menschenliebe. Ist sie manisch, auf Drogen oder gar schizophren? Auf jeden Fall psychologisch auffällig, diagnostiziert die Schwester.

Root Leeb, von der zuletzt „Die dicke Dame“ und der Roman „Hero“ erschien, erzählt diese Gutmenschen-Geschichte stringent und einfühlsam, manchmal ein bisschen betulich, aber mit einer vor Ideen sprühenden Handlung. Und wenn es mitunter ein bisschen pathetisch wird, umschifft sie mit feinem Humor ganz schnell die Grenze zum Kitsch. Sprachlich ist das solide, aber nicht mitreißend. Der Roman lebt von seiner sympathischen und in ihrem unbedingten Streben nach Gerechtigkeit interessanten und faszinierenden Hauptfigur. Denn träum(t)en wir nicht alle davon, die Welt zu verändern?

Root Leeb: Don Quijotes Schwester, ars vivendi, Cadolzburg, 242 Seiten, 17,90 Euro. Buchvor-
stellung am 4. Dezember um 19.30 Uhr bei BücherRaum, Ludwig-Feuerbach-Str. 68, Nürnberg. Karten-Tel. 0911/58 08 474. Am 6. Dezember um 17 Uhr im Rahmen der Fürther Adventslesungen in der Bistro Galerie Fürth (Gustavstr. 14), Eintritt frei.

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