Nach Schmähgedicht: Ermittlungen gegen Böhmermann

6.4.2016, 17:55 Uhr
Nach Schmähgedicht: Ermittlungen gegen Böhmermann

© dpa

Nach dem Schmähgedicht des Satirikers Jan Böhmermann über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat die Mainzer Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dieses werde wegen des Verdachts der Beleidigung von Organen oder Vertretern ausländischer Staaten geführt, teilte die Leitende Oberstaatsanwältin Andrea Keller am Mittwoch mit und bestätigte damit einen Bericht von Spiegel online.

Zuvor waren nach Angaben Kellers rund 20 Strafanzeigen von Privatpersonen eingegangen. Diese sowie weitere mutmaßlich noch eintreffende Anzeigen würden alle in dem Verfahren zusammengeführt und bearbeitet. Dabei gehe es um einen möglichen Verstoß gegen Paragraf 103 des Strafgesetzbuches. Zur Sicherung der Beweise werde beim ZDF ein Mitschnitt der Sendung angefordert. Außerdem werde das Bundesjustizministerium informiert, um zu klären, ob von der Türkei oder ihrem Staatsoberhaupt ein Strafverlangen gestellt werde.

In Paragraf 104a des Strafgesetzbuches ist unter anderem geregelt, dass Straftaten gegen ausländische Staaten nur dann verfolgt werden, wenn die Bundesrepublik Deutschland zu dem betroffenen anderen Staat diplomatische Beziehungen unterhält, ein Strafverlangen der ausländischen Regierung vorliegt und die Bundesregierung die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt.

Präsident hatte deutschen Botschafter einbestellt

Böhmermann hatte das Gedicht mit Aussagen, die unter die Gürtellinie zielen, in seiner Sendung Neo Magazin Royale vorgetragen. Er nahm damit Bezug auf das NDR-Fernsehmagazin extra 3. Das hatte einen satirischen Beitrag über Erdogan ausgestrahlt, woraufhin der türkische Präsident den deutschen Botschafter in Ankara einbestellt hatte. Die Sendung war am vergangenen Donnerstag auf ZDFneo erstmals ausgestrahlt worden.

Das ZDF hatte in der Nacht zu Samstag in der Wiederholung der Sendung den Beitrag gestrichen. Der Beitrag entspreche nicht den Ansprüchen, die der Sender an die Qualität von Satiresendungen stelle, teilte der Sender mit. Das sei auch der Grund dafür, die Passage aus der Sendung sowie Wiederholungen und Online-Ausspielwegen - etwa der Mediathek - herauszunehmen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte das Gedicht jüngst als "bewusst verletzend" bezeichnet und darüber auch mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu telefoniert.

Grimme-Preis für Böhmermann

Für einen anderen Aufreger wird er dagegen ausgezeichnet: Für seine freche Fake-Fake-Satire rund um den Mittelfinger des griechischen Ex-Finanzministers Yanis Varoufakis soll der 35-Jährige am Freitag (18 Uhr) in Marl den Grimme-Preis entgegennehmen.

12 Kommentare