Abzug der US-Truppen wäre für die Oberpfalz eine Katastrophe
11.7.2018, 05:48 UhrIn Grafenwöhr und Hohenfels ist die Oberpfalz zweisprachig. 10.000 US-Soldaten sind an den beiden Truppenübungsplätzen stationiert, weitere 30.000 Angehörige leben in den Landkreisen Neustadt/Waldnaab und Neumarkt. Deutsch-amerikanische Partys sind gerade im Sommer an der Tagesordnung.
Oberpfalz ohne Amis? An diese "Katastrophe" mag kein Kommunalpolitiker denken. Immerhin bietet die US Army 3000 zivile Arbeitsplätze, dazu kommt der Umsatz in der Bau- und Immobilienbranche, obendrein in der Gastronomie.
Und eigentlich mag es niemand glauben, dass die Army geht. Kommunalvertreter und die Gewerkschaft ver.di haben in Bezug auf die US-Präsenz im Landkreis Neumarkt ganz andere Informationen. Landrat Willibald Gailler berichtet, ein US-Kommandeur habe in einem Gespräch "großen Bedarf an Wohnraum" angemeldet. Das Personal werde in Hohenfels aufgestockt. Von rund 1000 Personen einschließlich Familien sei die Rede gewesen.
Auch der Hohenfelser Bürgermeister Bernhard Graf kann das "Abzugsgerede" überhaupt nicht nachvollziehen. Auch seinen Informationen zufolge soll das Stammpersonal von rund 1500 GIs in diesem und im nächsten Jahr um 300 Soldaten vergrößert werden, plus Anhang und Familien seien das bis zu 1000 Menschen. Das deckt sich auch mit dem Informationsstand von ver.di: "Die Zeichen stehen eher auf Aufbau", so Gewerkschafterin Kathrin Berner.
Auch der Grafenwöhrer Bürgermeister Edgar Knobloch verweist auf die Investitionen des US-Militärs: Über eine Milliarde binnen weniger Jahre für den Truppenübungsplatz und aktuell neue Gebäude für 50 Millionen Euro. Ähnlich sieht das Hans-Martin Schertl, Bürgermeister von Vilseck. Er glaubt nicht, dass ein Federstrich des Präsidenten reicht, um die Standorte in der Oberpfalz aufzulösen. Und schließlich sind die Truppenübungsplätze gefragte Orte. Bis zu 26 Nationen üben dort gemeinsam bei Manövern, die Oberpfalz hat damit mindestens europaweit hohe militärische Bedeutung.
Wasserpreis würde steigen
An den Hubschrauber-Standorten in Ansbach-Katterbach und Illesheim wird der Gedanke, Trump können die Truppen abziehen oder nach Polen verlegen, zwiespältig gesehen. Welche Folgen hätte ein Abzug der Amerikaner für die Region? In diesem Fall müsste die Stadt überlegen, "was wir mit den frei werdenden Liegenschaften machen, wenn wir sie denn vom Bund bekommen", betont zum Beispiel Ansbachs amtierender Bürgermeister Thomas Deffner gegenüber der Fränkischen Landeszeitung. Vorteile hätte es in Sachen Fluglärm. Andererseits würde er es bedauern, da "die wirtschaftliche Komponente, auch von den Arbeitsplätzen bei den Amerikanern, nicht zu verachten ist".
Die US-Bürger geben hier Geld aus. Der Wasser- und Abwasserpreis in der Stadt etwa würde steigen. "Wir haben relativ hohe Fixkosten aufgrund der Situation unserer Brunnen."
Illesheims Bürgermeister Heinrich Förster reagiert hörbar genervt: "Vor drei Jahren sind Truppen abgezogen worden, alle haben gejammert, dann sind wieder Truppen gekommen, und wieder haben alle gejammert." Jetzt geschehe das Gleiche bei dieser Nachricht. "Wenn es denn wirklich so kommen sollte: Was sollen wir machen?" Man könnte Trump nicht umstimmen.
Förster fände dies jedoch sehr schade, "weil es doch sehr lange gut geklappt hat bei uns in der Gemeinde mit den Amerikanern". "Für die Gemeinde wäre es sicherlich keine gute Sache." Dann könnten die Protestierer jedoch "einmal zeigen, was sie in der Hinterhand haben, wie sie das mit Leben füllen wollen".
Die Ansprüche an Lebensqualität und Umweltschutz in der Region seien nur schwer vereinbar "mit Form und Ausmaß der US-Basen in Katterbach und Illesheim - zumal mehrere Aufrüstungen geschehen sind mit noch mehr Kampfhubschraubern", stellt dagegen der Pressesprecher der Bürgerinitiative "Etz langt’s!", Boris-André Meyer, fest. Die Kasernen zivil umzunutzen, bringe der Region mehr Chancen als Risiken.
In vielen fränkischen Städten seien nach dem Abzug der US-Truppen mittelfristig bezahlbarer Wohnraum und attraktive Gewerbeflächen entstanden. Bei der IHK in Ansbach heißt es, ein Abzug würde den Wohnungsmarkt, den Einzelhandel, die Taxiunternehmen und die Gastronomie stark treffen.
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