Brasiliens Ex-Präsident Lula mit einem Bein im Gefängnis

4.4.2018, 16:40 Uhr
Brasiliens Ex-Präsident Lula mit einem Bein im Gefängnis

© Alberto Veiga/epd

In Brasilien hat sich die Stimmung vor der Urteilsverkündung über eine mögliche Inhaftierung von Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva am Mittwoch weiter aufgeheizt. Das Gebäude des Obersten Gerichts im Regierungsviertel der Hauptstadt Brasilia wurde weiträumig abgesperrt. Anhänger und Gegner von Lula kündigten große Demonstrationen an. Die Polizei befürchtete Zusammenstöße zwischen den verfeindeten Gruppen. Das Gericht wollte am Mittwochnachmittag (Ortszeit) verkünden, ob Lula ins Gefängnis muss.

Bereits am Dienstag kam es in zahlreichen Städten zu Kundgebungen und Protestmärschen beider Seiten, wie die Tageszeitung O Globo berichtete. Der 72-jährige ehemalige Staatschef wurde in zweiter Instanz zu zwölf Jahren Haft wegen Geldwäsche und Bestechlichkeit verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Richter sollen entscheiden, ob er bis zur Ausschöpfung aller Rechtsmittel in Freiheit bleiben darf.

Knappe Entscheidung erwartet

Da die elf höchsten Richter in der Frage gespalten sind, wird mit einem sehr knappen Votum gerechnet. Ein negatives Urteil könnte auch das endgültige Aus für Lulas politisches Comeback bedeuten. Der beliebte Linkspolitiker will bei der Präsidentenwahl im Oktober erneut für die Arbeiterpartei kandidieren und liegt in Umfragen vorn.

Am Vorabend der Urteilsverkündung hatten sich Lula und Vertreter mehrerer Linksparteien in Rio de Janeiro zu einem "Akt zur Verteidigung der Demokratie gegen Gewalt und Faschismus" versammelt, wie Lulas Team per Twitter mitteilte. Dabei wurde auch der am 14. März in Rio ermordeten sozialistischen Stadträtin Marielle Franco gedacht. Lula erklärte zu seinem Prozess: "Ich bin nicht gekommen, um meine Kandidatur zu verteidigen, ich bin gekommen, um meine Unschuld zu verteidigen, die sie mir zurückgeben müssen." 

Held der lokalen Bevölkerung

Lulas Anwälte haben beantragt, die Haftanweisung gegen ihn zu prüfen (Habeas Corpus). Dabei geht es um die Frage, ob die heutige brasilianische Rechtsprechung, die eine Inhaftierung nach Verurteilung in zweiter Instanz erlaubt, verfassungskonform ist. Zuletzt hatte das Oberste Gericht mit sechs zu fünf Stimmen für die Beibehaltung der Regelung gestimmt.

Lula wurde zu zwölf Jahren und einem Monat Haft verurteilt, weil er von einer Baufirma ein Strandappartement bekommen haben soll. Lula war von 2003 bis 2010 Präsident Brasiliens und gilt als Architekt einer erfolgreichen Sozialpolitik, die Millionen Brasilianer aus der Armut holte. Seine Anwälte und Anhänger werfen der Justiz vor, im Einvernehmen mit der konservativen Regierung einen politischen Prozess zu inszenieren, um eine Rückkehr des populären Lula an die Macht zu verhindern.

Auch der konservative Präsident Michel Temer steht unter Korruptionsverdacht. In Brasilien wurde ein riesiger Bestechungsskandal offengelegt, der die ganze politische Klasse in Mitleidenschaft zieht. Seitdem kommt das Land nicht mehr zur Ruhe. Auch Lula muss sich noch weiteren Verfahren stellen.

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