Glyphosat-Hass: Morddrohungen gegen Minister Schmidt
29.11.2017, 17:59 UhrDie FDP spricht von "Versagen", die SPD von einem "schweren Vertrauensbruch": Offenbar entgegen einer Weisung des Bundeskanzleramtes und der Meinung des Bundesumweltministeriums stimmte Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) einer Zulassungsverlängerung für den Unkrautvernichter Glyphosat auf EU-Ebene zu. Der Krach entzweit das politische Berlin, belastet eine mögliche Neuauflage der Großen Koaltion bereits im Vorfeld schwer.
Doch die Wut gegen den Fürther Politiker, der in Obernzenn geboren wurde, kennt offenbar keine Grenzen. Laut einem Bericht der Bild lägen mehrere "Drohungen gegen Leib und Leben" des Ministers und seiner Angehörigen vor. Das bestätigte das Wahlkreisbüro in Fürth dem Blatt.
Damit eskaliert der Streit um Glyphosat, den der mittlerweile Doppelminister (Landwirtschaft und Verkehr) losgetreten hatte, weiter. Der Großteil der Drohungen ging auf seiner Facebook-Seite an. Seine Mitarbeiter sprechen von einer "Vielzahl an Beleidigungen", werden dabei aber nicht konkreter. Man habe die Facebook-Seite vorübergehend vom Netz genommen. Sein Wahlkreisbüro hat die Posts an die Polizei übergeben, die laut der Bild mittlerweile ermittelt.
Hendricks will Verbot auf nationaler Ebene
Auch politisch hat der Zwist Folgen. Gleich von mehreren Seiten hagelte es Rücktrittsforderungen, Schmidt müsse Verantwortung übernehmen. Der aber winkt bislang laut einem Bericht der Bild ab. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, die vom CSU-Minister übergangen wurde, will Glyphosat dennoch beschränken - und zwar auf nationaler Ebene.
"Ich habe große Zweifel, dass glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel in Deutschland neu zugelassen werden können, wenn man sich ernsthaft anschaut, welche Folgen sie für biologische Vielfalt und insbesondere für Insekten haben", sagte sie am Mittwoch in Berlin. "Es ist deshalb jetzt wichtig, die Notwendigkeit ökologischer Auflagen politisch festzulegen und gegebenenfalls rechtlich klarzustellen."
Glyphosat ist durchaus umstritten. Es ist ein sehr wirksames Unkrautgift und wird weltweit in großen Mengen in der Landwirtschaft eingesetzt. Einige Wissenschaftler sehen jedoch ein Krebsrisiko. Mehr als eine Million Bürger in der EU haben gegen eine weitere Zulassung des Mittels unterschrieben. Die Verlängerung ist nicht nur bedeutend für Landwirtschaft und Verbraucher, sondern auch für den deutschen Chemieriesen Bayer, der den Glyphosat-Erfinder Monsanto übernehmen will.
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