Erlangen: Für orthodoxe Christen der wichtigste Feiertag

8.4.2018, 12:00 Uhr
Erlangen: Für orthodoxe Christen der wichtigste Feiertag

© Heinrich Hirschfelder

Ganz selbstverständlich hat die Marktapotheke von Georgios Halkias in Herzogenaurach an diesem Samstag geöffnet. Der dritte Herzogenauracher Bürgermeister ist griechisch-orthodoxer Christ. Er lebt seit Jahrzehnten in Deutschland.

Hier hat er studiert, kennt sich aber noch mit den religiösen Bräuchen seines Geburts- und Heimatlandes Griechenland bestens aus. Diese Woche war für griechisch-orthodoxe Christen in Deutschland und Griechenland Karwoche.

Und in dieser Zeit wurden — genau wie bei Protestanten und Katholiken eine Woche zuvor — Ostereier gefärbt. Halkias: "Am Donnerstag sind bei griechisch-orthodoxen Christen rote Eier gefärbt worden." In Griechenland stehe praktisch "an jeder Ecke" eine Kirche, in der Ostergottesdienste stattfinden könnten. In Herzogenaurach oder Höchstadt müssten orthodoxe Gläubige für Gottesdienstbesuche zum Teil längere Fahrtzeiten in Kauf nehmen, etwa nach Nürnberg.

In Erlangen seien für die Osterfeier Gemeinderäume angemietet worden. Praktisch untrennbar mit dem griechischen Osterfest verbunden ist das Gericht "Lamm am Spieß". In Griechenland drehen sich an Ostern vor zahllosen Häusern Lamm-Spieße, weiß Halkias. Das Gericht Kokoretsi, ein Fleischspieß mit Lamm-Innereien, gilt als echte Osterspezialität. Es geht aber bei den griechisch-orthodoxen Osterfeiern um wesentlich mehr als nur ums Schlemmen. Halkias: "Ostern ist bei uns der wichtigste Feiertag im Jahr." Die Fleischgenüsse kommen nicht von ungefähr. Strenggläubige orthodoxe Christen verzichten vorher während der 40-tägigen Fastenzeit ganz auf Fleischgerichte.

Ganz so strenggläubig gibt sich der Herzogenauracher Halkias aber nicht. Dem Fasten vor Ostern kann der studierte Apotheker aber schon etwas Positives abgewinnen. Diese Entschlackung komme schließlich auch der eigenen Gesundheit zugute.

Er weiß aber auch genau, dass religiös motiviertes Fasten orthodoxer Christen samt radikalem Fleischverzicht mit Fastenaktionen unter deutschen Christen — zum Beispiel der Verzicht auf Rauchen oder Alkohol — verschiedene Hintergründe hätten.

Ganz andere Erlebnisse verbindet der Wirt des "Favorit" in Niederndorf, Alexander Lavrov, mit dem Osterfest in seiner früheren Heimat. In St. Petersburg war er als Fünfjähriger "heimlich" getauft worden. Lavrov: "Religion war damals zwar nicht offiziell verboten." Diese sei aber nie in der Öffentlichkeit praktiziert worden, auch nicht an Ostern.

Dennoch wurden in den Familien Ostereier gefärbt, genau wie hierzulande. Lavrov erinnert sich an seine Kindheit: "Meine Mutter hat das Osterbrot gebacken." Er ist froh, dass sich die "Ideologie", der Umgang mit religiösen Bräuchen wie Ostern, inzwischen geändert habe.

Vor der Wende, 1991, trauten sich nur wenige russische Gläubige, an Ostern in die Kirche zu gehen. Von gelegentlichen Heimatbesuchen weiß er: "Inzwischen gehen wieder viele Leute an Ostern in die Kirche.".

Auf ganz eigene Erfahrungen mit dem orthodoxen Osterfest blickt Sybille Menzel, langjährige Vorsitzende des Höchstadter Freundeskreises mit Krasnogorsk, zurück. Bei einem privaten Besuch in Kiew war sie in einer ukrainisch-orthodoxen Familie mit zwei Töchtern untergebracht. "Die nahmen mich natürlich mit in einen typischen Ostergottesdienst."

Der Gottesdienst fand nachts statt und dauerte sage und schreibe sechs Stunden. Von Anfang bis zum Schluss hätten aber nur die allerwenigsten ausgehalten. Menzel: "Wir suchten uns die mittleren zwei Stunden aus, da passiert am meisten."

Für westliche Kirchgänger verblüffend: "In der Kirche gab es keine Kirchenbänke." Die Gläubigen stehen. Überhaupt sei das "kein statischer Gottesdienst." Wie etwa hierzulande". Auch eine Orgel werden westliche Besucher vergeblich suchen.

Geprägt wurde der Ostergottesdienst von "wunderschönen Gesängen". Gesungen wurden die Litaneien und das Kyrie sowie "Der Herr sei mit dir" ausschließlich von reinen Männer- oder Frauenchören. Menzel: "Gemischte Chöre gibt es nicht."

Während deutsche Christen in aller Regel einen freien Blick auf den Altar hätten, war das Allerheiligste in dieser ukrainisch-orthodoxen Kirche hinter einer hohen Mauer verborgen. In dieser Ikonenwand befanden sich zwei Türen.

Durch diese ging der Pope während des Ostergottesdienstes mehrfach hinein und wieder hinaus. "Frauen dürfen da nicht hinein." Sehr viel Gold und viel Prunk habe es in jener orthodoxen Kirche gegeben.

Noch während der Feier umrunden Pope und Gläubige einmal die komplette Kirche. "Dabei wurde reichlich Weihwasser versprüht." Außerdem wurden die Mitbringsel im Korb — Osterbrot sowie eine Art Quarkgebäck — gesegnet. Anschließend gehen viele russische Christen auf den Friedhof, und geben ihren lieben Verstorbenen ein wenig von beidem ab, sowie vielleicht ein Gläschen oder einen Schluck aus der ebenfalls mitgebrachten Flasche Wodka.

Keine Kommentare