Erlangen: "Kommunikation für Vielfalt"

2.2.2015, 14:30 Uhr
Erlangen:

© Harald Sippel

Gemeinsamer Hintergrund der Integrationsarbeit in Nürnberg und Erlangen ist das europaweite Gemeinschaftsprojekt „Communication for Integration“ des Europarates und der Europäischen Kommission für Integration. Elf europäische Städte sind daran beteiligt, in Deutschland Erlangen und Nürnberg. Die Projekte und Ideen, die sich kommunal als erfolgreich und vielversprechend erweisen, fließen beispielhaft in die europäische Integrationsarbeit ein. Auf diese Weise lernen die unterschiedlichen Städte und Länder von- und miteinander und entwickeln zeitgemäße Lösungen für aktuelle Integrationsherausforderungen.

Anna Heintze ist die Erlanger Leiterin des EU-Projekts „Kommunikation für Vielfalt“ – ihre Aktionen wie das Laufgelage XXL, die „Living Library“ oder das Picknick-Bankett in der Erlanger Fußgängerzone wären ohne die von ihr dankend erwähnte Hilfe kaum möglich gewesen.

Oberbürgermeister Florian Janik freut sich über den bis auf den letzten Platz gefüllten Saal. „Ein großes Kompliment an das Team, das die Konferenz vorbereitet hat. Das ist der beste Beweis dafür, dass die geleistete Arbeit eine gute ist.“ Viel sei zu tun in der Integrationsarbeit, aber man fange in Erlangen nicht bei null an. Der Umbau der Ausländerbehörde in eine „Willkommensbehörde“, das sei ein „ganz großer Brocken, den Erlangen noch vor sich hat, ein über alle Fraktionsgrenzen hinaus geteiltes Projekt und die große Herausforderung im nächsten Jahr“, so Janik.

Martina Mittenhuber, die Leiterin des Menschenrechtsbüros in Nürnberg, sieht ihre Einrichtung auch als eine Verpflichtung zum Aufbau einer Antidiskriminierungskultur durch Prävention, Beratung, Information und Öffentlichkeitsarbeit. Wo findet man kompetente Ansprechpartner, wenn man selbst diskriminiert wird? 80 Prozent aller Diskriminierten zeigten den Vorfall nicht an, obwohl 20 Prozent der zirka 200 jährlich gemeldeten Fälle sogar strafrechtliche Relevanz hätten, so Mittenhuber. Sie nennt konkrete Beispiele wie die Wohnungssuche oder den verweigerten Einlass in Diskotheken aufgrund eines bestimmten Phänotyps. Mediation gewinnt in der Streitschlichtung immer mehr an Bedeutung. In Nürnberg kann mittlerweile Mediation in über 20 verschiedenen Sprachen angeboten werden.

Phil Wood, Experte für lokale Integrationsstrategien und Autor des Buches „The Intercultural City“, kommt in seinem Vortrag zu dem Ergebnis, dass Vielfalt Einfalt schlägt, vor allem, wenn es um Innovation geht. Interessant ist jedoch, dass heterogene Gruppen nur dann innovativer sind, wenn verschiedene Rahmenbedingungen gegeben sind. So brauchen heterogene Gruppen ein gemeinsames Ziel, eine Aufgabe, die tatsächlich auch innovative Lösungen erfordert und eine Umwelt, die Innovation generell unterstützt. Wenn diese Bedingungen gegeben sind, sind heterogene Gruppen erfolgreicher als homogene. Besser als Multikulturalität sei Interkulturalität der wesentlich dynamischere und sich außerdem stetig entwickelnde und neu formende Ansatz.

Auch der Leiter der Siemens-Integrationsstelle Heinz Brenner ist der Meinung, dass es immer wichtiger sei, sich als Teil einer Weltgemeinschaft zu verstehen. „Isolationismus ist in Deutschland nicht überlebensfähig. Wenn wir die Welt sozial befriedet gemeinsam bewirtschaften wollen, müssen wir uns austauschen“, so Brenner. Im Rahmen einer Kooperation schafft Siemens aktuell Hospitationsstellen für hochqualifizierte junge Flüchtlinge.

Sketch as sketch can

Der Redenteil ist beendet und alle Teilnehmer begeben sich ins „World Café“ im Saal nebenan. In einem lockeren Sketch wird darauf angespielt, dass ein Großteil der Gegenstimmen gegen gesellschaftliche Vielfalt aus dem gut gebildeten Bürgertum stammt. „Ich habe plötzlich so konservative Gedanken, dabei war ich doch früher immer grün!“, wundert sich eine Dame, worauf ein Herr gleich vorschlägt, ein „Bündnis für betroffene alternative Gutmenschen in heller Aufregung“ (BAGIHA) zu gründen.

Ein Vorschlag, den er wegen dem Verfremdungsgefühl im eigenen Land noch toppt mit einem Bündnis „Weltoffener intellektueller Akademiker gegen rassistische Ausländer“ (WIAGRA).

Nach dem Sketch arbeitet man an neun runden Tischen unter der Moderation von neun Gastgebern auf der Papiertischdecke Strategien und Kernpunkte der zukünftigen Integrationsarbeit heraus. Die geplante Installation einer Erlanger Anti-Diskriminierungs-Stelle ist ein Ergebnis des World-Cafés. Das zum Schluss von allen Teilnehmern gewählte Thema für die 8. Integrationskonferenz 2016 lautet „Meine/deine/ unsere Kultur – neue Perspektiven für das Kulturleben in Erlangen.“

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