Erlanger Delegation besuchte russische Partnerstadt

12.5.2015, 06:00 Uhr
Erlanger Delegation besuchte russische Partnerstadt

© Peter Millian

Sollte es dem Erlanger Oberbürgermeister Florian Janik angesichts der 70.000 Teilnehmer an der Gedenkfeier auf dem Wladimirer „Heldenplatz” etwas flau gewesen sein, so war es ihm jedenfalls nicht anzumerken. Mit fester Stimme gedachte er der Millionen Opfer des Zweiten Weltkriegs und erinnerte daran, dass auch Wladimir – ohne jemals „Frontstadt” gewesen zu sein – einen hohen Blutzoll für den Überfall Deutschland auf die Sowjetunion bezahlen musste. Und er zeigte die erwartbare und von den Gastgebern sicher auch erwartete Demut: „Ich bin dankbar für das Wunder der Geschichte: Sie, die Russen, haben uns, den Deutschen, vergeben, obwohl kein Volk einem anderen mehr Leid angetan hat. Ich danke ihnen allen für dieses großartige Geschenk.“

Durfte bereits Janiks Vorgänger Siegfried Balleis vor fünf Jahren auf dem Fürst-Wladimir-Friedhof anlässlich des 65-jährigen Gedenkens sprechen, so sind die russischen Gastgeber diesmal noch einen Schritt weiter gegangen, als sie Janik nicht nur aufs Podium vor die 70.000, sondern auch die rund 40-köpfige Erlanger Delegation (die sich zudem zum Jubiläum des Erlangen-Hauses dort befand) in die ersten Reihen des feierlichen Gedenkzuges baten.

Janik erinnerte in seiner kurzen und halb-simultan übersetzten Rede daran, dass das Gedenken auch im Geiste der Städtepartnerschaft stattfinde – eine Städtepartnerschaft, in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts „entstanden im Kalten Krieg, um dem gegenseitigen Drohen und der Aufrüstung den Austausch und die Freundschaft entgegenzusetzen.“ Heute gelte es, so Janik, angesichts des Ukraine-Konflikts den Dialog zu vertiefen: „Unsere Begegnungen sind ein wichtiger Beitrag, den Frieden zu erhalten und das Wiedererstehen alter Feindbilder zu verhindern.“ Für seine Worte und den Schlussappell „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“ erhielt der Erlanger Oberbürgermeister viel Beifall und das Lob und die Zustimmung seines danach zu Wort kommenden Wladimir-Kollegen Sergej Sacharow.

Beeindruckt von den vielen Teilnehmern an der Sieges- und Gedenkfeier, von denen ein Großteil Bilder der im Krieg gefallenen Väter und Söhne mitführte, waren aber auch die Mitglieder der Erlanger Reisegruppe, darunter die CSU-Fraktionsvorsitzende Birgitt Aßmus, die SPD-Stadträtin Ursula Lanig und die Freie-Wähler-Stadträtin Anette Wirth-Hücking.

Zu den wohl beeindruckendsten Bildern des Tages gehörten – neben dem ungewohnt martialisch wirkenden Militär – die große Zahl der meist um die 90 Jahre alten Veteranen des Zweiten Weltkriegs, die in ordensgeschmückten Uniformen an den Feiern teilnahmen und sich im persönlichen Gespräch meist versöhnlich äußerten. Dies empfand auch ein mitgereister deutscher Veteran so: Der 90-jährige Philipp Dörr aus Fränkisch-Crumbach im Odenwald, der die Erlanger Kontakte zu Reisen nach Wladimir nutzt.

Für ihn, ehemalige Erlanger Veteranen und ungezählte deutsche Kriegsgefangene wurde auf dem Gelände des Wladimirer Traktorwerks ein Gedenkstein enthüllt, der an die Kriegsgefangenschaft erinnert, aber auch an die Aufbauleistung, die diese ehemaligen Soldaten in der Sowjetunion geleistet haben. Neben einem Wladimirer Veteranen, der gemeinsam mit Dörr der Grauen des Krieges gedachte war auch eine kleine Abordnung ehemaliger Arbeiterinnen und Arbeiter aus dem (mittlerweile stillgelegten) Traktorwerk gekommen.

Diese erinnerten daran, dass „die Deutschen“ in Wladimir zahlreiche Zeugnisse hinterlassen hätten – vor allem im Hausbau hatten sie sich ausgesprochen geschickt gezeigt. Deutsche Veteranen wiederum erinnerten (auch schon früher) daran, dass sie in Wladimir korrekt, teilweise sogar freundschaftlich behandelt worden waren.

Die alten Traktor-Arbeiterinnen konnten sich sogar an Anekdotisches erinnern: „Sie haben nicht nur einen Teich gestaltet, sie haben sogar geschnitzte Frösche an den Rand gesetzt. Sie wollten es einfach schön haben.“ (ein Bericht zum Erlangen-Haus folgt).

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