Erlanger Muslime gründen Volkshochschule

Sharon Chaffin

Redakteurin Erlanger Nachrichten

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13.3.2018, 15:32 Uhr
Erlanger Muslime gründen Volkshochschule

© Klaus-Dieter Schreiter

Bildungsangebote gibt es in der Siemens- und Universitätsstadt viele: Man denke nur an die Programme von Volkshochschule (VHS), Katholischem Bildungswerk oder Bildung Evangelisch. Besonders kirchliche Träger nahmen und nehmen auch immer wieder Fragen des interreligiösen Diskurses in ihre Liste auf. Dennoch, betonten die Initiatoren des nach eigenen Angaben bundesweit ersten muslimischen Bildungswerkes (MBE) in Erlangen, habe es beim Informationsbedürfnis muslimischer Bürger eine Art Leerstelle gegeben — und diese wollen die Organisatoren mit der Gründung der Einrichtung nun schließen.

Noch aber leisten freiwillige Helfer die Arbeit. Doch das Team des muslimischen Bildungswerkes, einer selbstständigen Abteilung unter dem Dach der Islamischen Religionsgemeinschaft Erlangen (IRE) hat Hoffnungen, demnächst eine hauptamtliche Kraft einstellen zu können. Gelder hierfür sind bereits bei der Robert-Bosch-Stiftung beantragt.

Muslime, die hier leben, haben ein Interesse an Themen aus den verschiedensten Bereichen, erläuterte bei der Vorstellung des Projektes die ehrenamtliche MBE-Sprecherin Kübra Tan. Die islamischen Gemeinden vor Ort könnten dem Wunsch nach mehr Wissensvermittlung personell und finanziell aber nicht nachkommen. Das jetzt ins Leben gerufene MBE schließe eine "Lücke zwischen Gemeinde- und akademischer Arbeit", ergänzte Tans Co-Sprecher Mohamoud Abushuair. Man biete eine "akademisierte Gemeindearbeit" und zugleich Bildung "für einfache Leute". Bei der Auswahl der Themen könnten die Muslimen jetzt auch besser mitbestimmen und sagen, über was sie sprechen möchten, erklärte Kübra Tan. Oft seien die Fragestellungen "aufoktroyiert". Darauf wies auch die muslimische Sprecherin der Christlich-Islamischen Arbeitsgemeinschaft (CIAG), Grit Nickel, hin. Man wolle nicht nur über Kopftuch und Beschneidung diskutieren, sondern zum Beispiel auch über Halal-Banking (Islamisches Bankwesen) oder Umweltschutz.

Islamexperte kommt

Diese Bereiche stehen im kommenden Semester (noch) nicht auf der Agenda, stattdessen geht es in den ersten Veranstaltungen unter anderem um die anstehenden Landtagswahlen. Zum Auftakt der Reihe an diesem Freitag (16. März) kommt der Islam- und Politikwissenschaftler vom Tübinger Weltethos-Institut, Muhammad Sameer, um 19 Uhr ins Pacelli-Haus an der Sieboldstraße 3. Keine Frage: Zu dieser und allen künftigen Vorträgen, Seminaren und Kursen sind nicht nur die rund 5000 Erlanger Muslime, sondern alle Bewohner eingeladen.

Auch deshalb befürchtet Bürgermeisterin Elisabeth Preuß durch das neue MBE keine (zunehmende) Trennung oder Entfremdung von Muslimen und Nicht-Muslimen.

Im Gegenteil, betonte sie. "Wenn alle mitmachen, wird es ein Zentrum des Miteinanders, ein Ort, der vorhandene Angebote ergänzt und ihnen nicht Konkurrenz macht."

Das interkulturelle und -religiöse Zusammenleben funktioniere in der Stadt ohnehin besonders gut, so die Verantwortlichen. Erlangen sei, da sind sich alle Beteiligten einig, für die Errichtung eines muslimischen Bildungswerkes geradezu ideal: Im Unterschied zu anderen Städten gibt es nur zwei Gemeinden, die als "Sprachrohr" (Mohamoud Abushuair) für die Muslime fungierten.

Auch die Zusammenarbeit mit der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) und ihrem Department Islamisch-Religiöse Studien (DIRS) sei von Vorteil. Nicht zuletzt, erinnerten Vertreter des MBE und der Stadt, gibt es in Erlangen eine lange Tradition des interreligiösen Dialogs. Bereits 1996 gründete sich etwa die Christlich-Islamische Arbeitsgemeinschaft.

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