Jazz-Trio riss das Erlanger Publikum mit

12.10.2018, 18:30 Uhr
Jazz-Trio riss das Erlanger Publikum mit

© Rainer Windhorst

Erstaunlich, denn mit Jazz ist das ja bekanntlich so eine Sache. Schließlich haftet dem Jazz nach wie vor ein manchmal etwas angestaubtes Image an, das zuweilen in Ehren ergraute treue Fan-Publikum meidet oft fast schon aufreizend cool jeglichen Mainstream und oft rücken die Musiker selbst ein Who-is-Who des "Wer hat mit wem schon wie oft wie schön zusammengespielt?" in den Vordergrund. Das ist eigentlich nichts für ein junges, abenteuerlustiges Publikum, das bisweilen auch den Krach-Effekt liebt.

Wie wohltuend anders sind doch "GoGo Penguin" aus Manchester: Hier fährt die Bass-Drum in die Magengrube wie bei "Monster Magnet", hier klingt das Piano so ätherisch leicht wie der Morgennebel im Wiesengrund, hier klingt der Kontrabass so bedrohlich dunkel wie das Horn eines sinkenden Schiffs.

Es ist einfach eine Mischung, der man sich live nicht entziehen kann — und so tanzen und zucken die Zuhörer aller Altersklassen im Saal des E-Werks rhythmisch zum dichten Sound, der sich einer Brandung gleich immer wieder aufbaut um dann im wilden Getöse zu zerbrechen. Magisch!

Gut, Kenner können einwenden, dass das Konzept des "Drum’n Bass" schon über 20 Jahre alt und damit nicht wirklich neu ist, dass der Steinway-Flügel von Chris Illingworth auch schon vor der Verstimmung kräftig scheppert, dass der Ton-Ingenieur allgemein nicht den besten Tag hatte. Alles geschenkt. Die drei Musiker beweisen geradezu spielerisch, dass Musik eben immer mehr ist als die bloße Summe seiner Teile. Mitreißende Musik muss nicht perfekt sein, um zu funktionieren.

GoGo Penguin sind aufregend, sind anders, strotzen vor Kraft. Die Musik der drei Mancunians mag im sterilen Reinraum der Abbey-Road-Studios entstanden sein — zu leben, zu atmen beginnt die Musik vor Publikum, und das ist dann ziemlich beeindruckend.

Spätestens nach der zweiten Zugabe möchte man rufen: Der Jazz ist tot, lang lebe der Jazz!

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