Jugendliche in Erlangen spielen Chef

23.7.2015, 15:00 Uhr
Jugendliche in Erlangen spielen Chef

© Foto: Pfrogner

Beim Projekttag der Wirtschaftsjunioren Erlangen (WJ-Erlangen) „Schüler als Bosse“ bekamen sie die Chance, den Chefs verschiedener Unternehmen über die Schulter zu schauen und sich einen echten Eindruck vom Firmengeschehen zu verschaffen.

„Als Chef hat man es nicht leicht, vor allem als Frau“, glaubt die 17-Jährige Paula Sander vom Gymnasium Eckental. „Man muss flexibel sein und darf keine kalten Füße bekommen, auch wenn es mal nicht so gut läuft.“

Ob sich die Schülerin der Führungsverantwortung in einem Betrieb gewachsen fühlt und sich vorstellen könnte, später selbst ein Unternehmen zu führen, konnte sie bei dem Projekt „Schüler als Bosse“ ausprobieren.

An dem Tag hatten 53 Schüler aus zwölf Schulen der Region die Möglichkeit, bei 37 Unternehmen einen Einblick in den Chefberuf zu bekommen. Mit der Aktion sollte den Jugendlichen ermöglicht werden, erste Erfahrungen in der Arbeitswelt zu sammeln, um ihnen später den Übergang ins Berufsleben zu erleichtern, erläutert Karin Richter von den WJ-Erlangen.

Bei der Anmeldung durften die Schüler Berufswünsche äußern und wurden von den WJ-Erlangen in entsprechende Unternehmen vermittelt. „Vom Architekturbüro über Unternehmensberater, Autohaus, Landratsamt, Aldi, Siemens, Puma, Flughafen Herzogenaurach bis hin zum Bürgermeister war alles dabei“, sagt der Projektleiter Goran Kiprijanovski. Es sollten Verbindungen zwischen Wirtschaft und Bildung geschaffen werden, um die Zusammenarbeit der Bereiche zu stärken. „Die Reaktion der Firmen und Schulen war durchweg positiv“, bsagt Kiprijanovski, und von Schülerseite war die Beteiligung „fast doppelt so groß wie im Jahr zuvor“.

Für Paula Sander war der Tag „eine perfekte Ergänzung“ zu ihrem vorangegangenem Praktikum in einem Krankenhaus in England. Im Unternehmen „Bavarian Health“ zeigte ihr die Chefin Angelika Balleis, was neben den Tätigkeiten in einer Klinik im Hintergrund der medizinischen Versorgung noch abläuft und wie ihr Alltag als Führungskraft in der Firma aussieht.

1999 hat Angelika Balleis die Werbeagentur „ercas GmbH“ gegründet. Nach einiger Zeit wurde ihr das Thema der Patientenaufklärung aus persönlichen Gründen besonders wichtig und sie verkaufte die Agentur nach 15 Jahren als Chefin an ihren Neffen. Bereits 2012 begann sie sich der Aufklärung im medizinischen Bereich zu widmen und gründete 2014 die Firma „Bavarian Health“ . Das Unternehmen gestaltet Patienteninformationsfilme, 3D-Animationen und Aufklärungsbögen in schriftlicher und digitaler Form. „Der Patient muss verstehen, was mit ihm passiert.“ Nach diesem Motto arbeitet Angelika Balleis und entwickelt moderne Methoden, um über die medizinischen Abläufe, Untersuchungen, Eingriffe und deren mögliche Risiken zu informieren.

Bei einer Führung durch alle Abteilungen erhielt die 17-Jährige einen Überblick über die komplexe Arbeit des Unternehmens und durfte den jeweiligen Abteilungsleitern über die Schultern schauen. Fasziniert beobachtete sie, wie 3D-Animateure mit ein paar Mausklicks ein einfaches Video über eine Computertomographiebehandlung in einen hochkomplexen Animationsfilm verwandelten, der dem Patienten die Behandlung zeigt und ihm die Angst nehmen soll. Die Softwareprofis erklärten, wie das Programm funktioniert und welche Details bei Videos zu beachten sind.

Ebenfalls mit großem Interesse verfolgte die angehende Chefin die komplexe Erstellung der Patientenaufklärungsbögen, denn „hier dürfen auf keinen Fall Fehler entstehen“,wie Angelika Balleis erklärte. Die Dokumente dienen Ärzten zur Absicherung bei der Aufklärung vor anstehenden Eingriffen. Auch in ein Meeting mit der Vertriebsabteilung durfte die Elftklässlerin, die später Ärztin werden will, die Führungskraft begleiten. Am Abend trafen sich alle beteiligten Schüler, Eltern, Führungs- und Lehrkräfte im „Puma Brand Center“ um sich über die gesammelten Erfahrungen und Eindrücke auszutauschen.

„Als Chefin muss ich ein Gefühl für die Höhen und Tiefen in den Abteilungen haben“, sagt Angelika Balleis. Außerdem hat man „enorme Personal- und Projektverantwortung“. Paula Sander glaubt, als Führungskraft muss man „den Überblick behalten können, immer auf dem neusten Stand sein und die Firma gut nach außen repräsentieren“.

Und macht es einen Unterschied, ob ein Mann oder eine Frau ein Unternehmen leitet? „Ich glaube, dass Frauen anders führen. Sie legen mehr Wert auf Kommunikation und wollen keine Führungshierarchie“, meint Angelika Balleis. Sie hält Gleichberechtigung für wichtig, „aber nicht um einer Quote willen“. Paula findet, „es sollten sich mehr Frauen trauen, Führungspositionen zu übernehmen“. Sie ist sich sicher, dass mit guter Organisation auch Familie und Beruf unter einen Hut gebracht werden könnten. Bei einem sind sich Beide auf jeden Fall einig: Quotenfrauen wollen sie nicht sein.

Keine Kommentare