Wie ein Edelstahl-Hase die Meinungen in Erlangen spaltet

29.4.2015, 06:00 Uhr
Wie ein Edelstahl-Hase die Meinungen in Erlangen spaltet

© Harald Sippel

Im Internet lassen manche Menschen gerne Dampf ab. Auch die Kultur gehört zu den Themen, bei denen eine subjektive Wahrnehmung schnell zur Grundsatzfrage erhoben wird. Zeitgenössische Kunst taugt da gerne als Zielscheibe. Bei den Einträgen der Leser auf der EN-Homepage finden sich anlässlich der Berichterstattung über den neuen „Hasen“ im Grünzug des Röthelheimparks Kommentare wie „Was für eine Mist“ oder „Steuerverschwendung“. Das Ganze mündet in der Frage: „Wer braucht so einen Scheiß?“

Klar: Kunst ist nicht jedermanns Sache. Kunst kostet Geld und fliegt nicht vom Himmel. Bei der „Begrüßung des neuen Mitbewohners“ im Grünzug konnte nun aber jeder miterleben, dass Kunst im öffentlichen Raum durchaus mehr als ein Ärgernis darstellt. Vor allem die Kinder tobten um das neue Kunstwerk. Kletterten darauf, eroberten es. Für ein Polaroid-Foto mit dem Hasen als Andenken an diesen Tag standen Jung und Alt sogar Schlange. Die von Erlangens Kulturreferenten Dieter Rossmeissl geäußerte Hoffnung, der Hase könne zu einem Identifikations- und Treff-Punkt für die Bewohner des Stadtteils werden, scheint schnell in Erfüllung zu gehen.

Allen Kunsthassern, die das neue Werk noch nicht selbst in Augenschein genommen haben, sei zur Beruhigung gesagt: Hier handelt es sich nicht um eine provokante Attacke auf das ästhetische Empfinden der Mitmenschen, sondern eher um ein dekoratives Objekt, das zudem mit seinen Anknüpfpunkten an die Historie und Gegenwart dieses Areals — Stichwort: ehemalige Militär-Gelände und angrenzendes Naturschutzgebiet — leicht verständliche Inspirationen vorweisen kann.

Der fast vier Meter hohe „Hase“ aus poliertem Edelstahl wurde vom Künstlerkollektiv „inges idee“ entworfen. Die Gruppe hatte sich in einem von der Stadt ausgelobten Wettbewerb durchgesetzt. Gekostet hat der Hase samt Wettbewerb 75.000 Euro.

Natürlich hätte man dafür auch andere Dinge anschaffen können. Darüber kann und darf man in einer Stadt natürlich diskutieren. Sicherlich gibt es auch Nicht-Schwimmer, die die Subventionierung von Bädern für Blödsinn halten. Doch wer aus Prinzip die Unterstützung von Kultur streichen möchte, nimmt in der letzten Konsequenz die geistige Verödung unserer Gesellschaft in Kauf. Und verzichtet zudem auf die wunderbaren Diskussionen, die durch Kunst und Kultur in Gang gesetzt werden.

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