"Bourbon Street" rocken das JTF Forchheim mit Sting

8.10.2018, 12:00 Uhr

© Udo Güldner

Andere Sänger kommen mit nur einer Textzeile durchs Leben, an der dutzende Komponisten über Jahre hinweg gefeilt haben, bis sie so banal und nichtssagend geworden ist, dass sie bei Millionen Hörern Erfolg hat. Dass es auch ganz anders geht, hat Sting, zuerst mit seiner Band „The Police“, dann später als Solo-Künstler eindrucksvoll bewiesen.

Es ist einer ergreifenden Dagmar „Daggi“ Wirth aus Weißenbrunn und dem „verschollenen Sting-Zwilling“ Rainer Turba aus Lauf zu danken, dass man die vielen Anspielungen in den Versen auch tatsächlich versteht. Als sie den „Englishman in New York“ begleiten, kann man dessen Heimweh nach der Heimat jenseits des Atlantiks am eigenen Körper spüren. Und nicht nur, weil da ein molliges „God Save the Queen“ zwischen den Takten herumgeistert.

„Bourbon Street“ zieht alle stilistischen Register, indem sie von Reggae-Rhythmen über klassische Klänge bis hin zu Jazz-Motiven die ganze Vielfalt New Yorks andeutet. Trotzdem bleibt der englische Gast ein Fremder. Alleine, genauer gesagt, einsam. Wie Daniel Defoes „Robinson Crusoe“, der auf einem Eiland gestrandet ist. Durchaus verständlich, dass er von dort mit einer „Message in a bottle“ auf sein schlimmes Schicksal aufmerksam macht. Dem entkommt ein anfänglich punkiger Sting nur noch mit dem Blick nach oben, Anklänge eines gregorianischen Chorals auf den Saiten. Zugegeben, es gibt Songs wie „De Do Do Do, De Da Da Da“, die aufs erste Hinhören nicht unbedingt literarische Höhenflüge vermuten lassen.

Dabei hat ihn sehr wohl James Joyce mit seinem für unlesbar gehaltenen „Finnegan’s Wake“ inspiriert. Wie ihn bei seinem Hit „Roxanne“ der satirische Liebesroman Edmond Rostands Pate gestanden hat, in dem der missgestaltete Cyrano de Bergerac in seine Cosine Roxane verliebt ist. Als ob Humbert Humbert sich seiner „Lolita“ näherte. Dem Mädchen, das Vladimir Nabokovs Skandalroman den Titel gegeben hat.

Und weil Sting auch einige Jahre als Grundschullehrer gearbeitet hat, kennt er nicht nur das Buch, sondern auch die Situation. „Wie ich die Hände bei mir behalten konnte, keine Ahnung.“ Sein „Don’t stand so close to me“ erzählt von den Lustmomenten, den Angstzuständen und den Schuldgefühlen, wie sie sich ein älterer Mann erträumt. An den hammondverdächtigen Keyboards saß derweil jemand, den man im Jungen Theater bislang nur als musikalischen Clown im Duo „Streckenbach & Köhler“ kennengelernt hatte.

Hinreißende Darbietung

Dabei hat Alexander Köhler aus Nürnberg noch einiges andere auf den Tasten. Mit Christoph Cramer am Schlagzeug und Mathias Roth am E-Bass bildete er das rhythmische Dreieck, das die herbstlichen Gerstenfelder sich so im Winde wiegen ließ, dass man in „Fields of Gold“ an eine innige Umarmung des Himmels und der Erde glauben mochte. Vorne sorgte Hannes Stegmeier an der E-Gitarre dafür, dass man als Zuhörer die eigentlich tieftraurigen, geradezu illusionslosen Songs wie „Bring on the night“ aushalten konnte.

Manch einer im Kulturkeller erinnerte sich wohl auch an den Auftritt von The Police im Januar 1979 in der legendären, inzwischen abgerissenen Hemmerlein-Halle in Neunkirchen. Damals noch als Vorband. „Bourbon Street“ hat „dem Meister“ seine Reverenz erwiesen und dabei fast drei Stunden mit Blues, Funk, Ska und New Wave-Rock glänzend unterhalten.

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