Der Fasching darf vieles, aber nicht alles

4.2.2015, 06:00 Uhr
Der Fasching darf vieles, aber nicht alles

© Foto: Alexander Hitschfel

Am Ende war den Kölnern die Sache doch zu heiß: Ein Jeck stopft einem Terroristen einen Buntstift in den Waffenlauf – das Motiv sollte beim Kölner Rosenmontagszug einen Wagen zieren und die satirische Antwort auf die Anschläge auf Charlie Hebdo sein.

Der Entwurf hatte sich bei einer Abstimmung auf Facebook durchgesetzt. Er erhielt fast 2500 der mehr als 7000 Stimmen, die für insgesamt 14 Vorschläge abgegeben worden waren.

Doch das Festkomitee entschied: Der Wagen rollt nicht — Bürger hätten Sicherheitsbedenken und man wolle ja, dass die Jecken ohne Angst ihren Fasching feiern können. „Wenn das Motiv gewählt wird, sollte es auch genommen werden“, sagt Steffen Habel, Präsident des Neunkirchner Carnevals Vereins (NCV). Dass es besonders lustig ist, einen terroristischen Anschlag aufs Korn zu nehmen, findet er fragwürdig: „Das hätte gar nicht zur Wahl stehen sollen.“

Charlie Hebdo spielt weder in seinem Verein noch bei den anderen Faschingsvereinen, die von den Nordbayerischen Nachrichten befragt wurden, eine Rolle. Das hat weniger mit der Brisanz zu tun, die das Thema birgt, sondern mehr mit der Relevanz: Es ist nicht lokal — und damit ungeeignet für Büttenreden und Faschingsumzüge im Landkreis.

Trotzdem gibt es auch auf lokaler Ebene Grenzen, das hat der NCV vor acht Jahren zu spüren bekommen. Habel erinnert sich an eine Bemerkung über eine bekannte Person aus seiner Gemeinde in der Faschingszeitung. War eigentlich lustig gemeint, die Person fand es weniger lustig: Sie schaltete einen Anwalt ein. „Die Leute sind sehr empfindlich geworden, das ist leider so“, sagt Habel.

Korrekturen sind selten nötig

Auch deshalb müssen die Büttenreden für die NCV-Prunksitzungen spätestens bis Anfang November fertig sein. Habel und Sitzungspräsident Heiko Dierks hören sich dann alle Reden an, geben den Autoren Tipps, wie ein bestimmter Gag besser beim Publikum ankommen könnte — und nehmen im Notfall Korrekturen vor. Das sei aber äußerst selten nötig.

Auch bei den Närrischen Siedlern Lichteneiche werden die Büttenreden vorher gehört. Präsident Bernd Uttenreuther bescheinigt seinen Autoren eine „hohe Sensibilität. Bei uns werden sehr wohl Personen auf die Schippe genommen, aber immer mit Niveau.“

Vor ein paar Jahren war er dann doch einmal kurz davor, einzugreifen. Aus Gründen des Jugendschutzes: „Ein Büttenredner hatte sich als Thema die Genitalrasur herausgesucht.“ Der Hinweis, dass auch Kinder im Saal sein und deren Eltern vielleicht nicht begeistert sein werden, habe gereicht, dass in der Bütt doch nicht von einer Rasur im Genitalbereich gesprochen wurde.

Roland Hofmann, Präsident des Elferrats Ebermannstadt, sind keine Themen erinnerlich, bei denen er hätte eingreifen müssen. Allerdings ist er erst zwei Jahre im Amt. Verständnis für die Kölner Kollegen, den Charlie- Hebdo-Wagen nicht rollen zu lassen, hat er: „Die wollen eben keine Gefahr.“ In seinem Verein seien Witze über die Anschläge nie diskutiert worden — nicht lokal genug.

Den Witzgehalt solcher Späße hält Franz Macht, Präsident der Faschingsgesellschaft Narrenkübel Schwarz-Weiß Gößweinstein, für sehr gering: „Ich halte es für völlig fehl am Platz, so ein Thema im Fasching zu bringen. Man kann das gar nicht so rüberbringen, dass sich niemand auf den Schlips getreten fühlt.“

Schließlich gehe es in der fünften Jahreszeit vor allem darum, dass alle gemeinsam lachen können. Deshalb mache sich sein Verein nicht über Scheidungen oder Insolvenzen lustig. „Man sollte auch an Fasching keine Witze über Dinge machen, die den Menschen richtig weh tun.“

Keine Kommentare