Forchheim: Im Knäuel die Treppe am Bahnhof hinab gepurzelt

4.7.2017, 05:57 Uhr
Forchheim: Im Knäuel die Treppe am Bahnhof hinab gepurzelt

© Edgar Pfrogner

Es begann mit einem Streit an der Unterführung am Bahnhof Forchheim. Die zwei Angeklagten, damals 17 und 16 Jahre alt, gerieten mit einer dritten Person an der Unterführung aneinander. Zuerst wurde gepöbelt, dann flogen Fäuste und zuletzt purzelten mehrere Person die Treppen der Unterführung hinunter. Unten hätten die Angeklagten dann angeblich ihr Opfer noch mit Tritten traktiert.

Der ältere der beiden Cousins erklärte vor Gericht, das Opfer habe seinen Cousin mit dem Wort "Asyl" beschimpft und diesem danach ins Gesicht geschlagen. Er habe dann seinerseits dem Angreifer einen Faustschlag versetzt, ehe alle drei in einem Knäuel die Treppen hinunter gestürzt seien. Dabei habe er sich selbst am meisten wehgetan, er sei mit dem Hinterkopf aufgekommen und die anderen beiden seien auf ihn gefallen. Danach seien alle aufgestanden und gegangen.

Er sagte: "Ich kann garantieren, dass wir nicht am Boden getreten haben, sonst hätte der doch ganz anders ausgesehen danach." Der jüngere Angeklagte bestätigte die Aussage und meinte, das Opfer habe zuerst versucht, ihn die Treppe hinunter zu werfen, daher wäre es zu dem gemeinsamen Sturz gekommen.

Das Opfer selbst traf erst mit über einer Stunde Verspätung im Gerichtssaal ein, er habe verschlafen. Er erzählte zwar, er sei zuerst beleidigt und geschlagen worden; es habe definitiv Tritte gegen ihn gegeben, als er bereits am Boden lag. Er meinte er aber auch, er habe sich mit den Angeklagten bereits versöhnt. "Von meiner Seite aus ist das alles erledigt. Soll jetzt jeder seinen Weg gehen, es sind ja alle alt genug." An einer Strafe für die Angeklagten sei er auch nicht interessiert.

Eigentlich hätte das Verfahren hier enden können, die Anwälte beider Angeklagten regten eine Einstellung des Verfahrens an. Allerdings stand der ältere Cousin nicht nur deswegen vor Gericht. Einmal wurde er beschuldigt, bei einem Vorfall eine junge Frau mehrmals mit dem Wort "Nigger" beschimpft zu haben. Außerdem hatte er nach der Schlägerei einen möglichen Zeugen per WhatsApp und SMS massiv unter Druck gesetzt.

Opfer schwer zugesetzt

Dieser letzte Punkt war es vor allem, der für Staatsanwalt Christian Schorr eine Einstellung des Verfahrens unmöglich machte. Dem Opfer war über einen längeren Zeitraum so zugesetzt worden, dass es psychisch nicht in der Verfassung war, vor Gericht auszusagen. Der Landgerichtsarzt bestätigte die schlechte Verfassung des Mannes und erklärte, dass dieser in absehbarer Zeit nicht vernehmungsfähig sein würde. Der junge Mann leide an Schlafstörungen und Panikattacken und habe außerdem zehn Kilo verloren.

Nach einer längeren Unterbrechung, kam man zu einer Einigung: Das Verfahren gegen den jüngeren Angeklagten wurde eingestellt, dafür muss er an einem Antigewalttraining teilnehmen. Jugendrichter Philipp Förtsch erklärte, dass der Vorfall schon zwei Jahre zurückliege. Außerdem sei der Mann nicht vorbestraft.

Der ältere Cousin erklärte sich zu einem Geständnis bereit. Er ließ über seinen Anwalt Stefan Kohler verlauten, dass alle Punkte der Anklageschrift zutreffen würden. Staatsanwalt Schorr meinte dazu: "Bisschen spät, aber besser spät als nie." Der Angeklagte wurde deshalb zu einer Geldstrafe von 1500 Euro verurteilt. Außerdem muss auch er ein Antigewalttraining absolvieren.

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