Forchheim: Was wird aus dem Jahn-Umzug?

Kevin Gudd

Nordbayerische Nachrichten Forchheim und Ebermannstadt

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1.11.2017, 06:00 Uhr
Forchheim: Was wird aus dem Jahn-Umzug?

© Roland Huber

Dass am Ende weißer oder schwarzer Rauch über dem altehrwürdigen Herder-Schulgebäude aufsteigt, ist eher unwahrscheinlich. Als Jurist läge Ulrich Schürr der plakative Vergleich mit einem päpstlichen Konzil auch fern, doch zumindest sieht sich der ehemalige OB-Kandidat in Erwartung einer langen Aussprache noch einmal veranlasst, auf die Dimension der bevorstehenden Entscheidungen hinzuweisen. „Es geht um eine Lösung für die nächsten Jahrzehnte“, sagt der Vorsitzende der Jungen Bürger, der in seiner Funktion als Tennis-Abteilungsleiter beim Jahn aus zwei Perspektiven auf die Dinge blickt. Deshalb äußert Schürr Verständnis für seine Stadtratskollegen, die sich nun „in kurzer Zeit in eine komplizierte Materie“ vertiefen müssten.

Nach einem fraktionsübergreifenden Vorstoß im Frühsommer schaffte es die Umsiedlung zunächst nicht auf die Tagesordnung, ehe das Rathaus grünes Licht gab, um in einem Schwung alle Fakten auf den Tisch zu bringen. Am positiven Grundkonsens zur Gestaltung fehle es den Beteiligten nicht, allerdings sei von den höheren Entscheidungsträgern verpasst worden, „Detailprobleme früher aufzuarbeiten“.

Umso größer sei jetzt der Ergebnisdruck. „Man sollte das Eisen schmieden, solange es heiß ist“, warnt Schürr im Hinblick auf die Geduld eines externen Geldgebers. Der hängt seit rund drei Jahren in der Warteschleife und ist mit den mittlerweile vielfach überarbeiteten Entwicklungsentwürfen in beträchtliche Vorleistung gegangen. „Bitte haben Sie Verständnis“, schreibt Dignus-Mitgesellschafter Tilman Rütters, „dass wir im Vorfeld der Sitzung keine Erklärungen abgeben möchten.“ Zur Einordnung die zentralen Fragen im Überblick.

Warum will der Jahn umziehen?

Den Verein drücken zu Beginn des neuen Jahrtausends schon 400.000 Euro Schulden. Nachdem aber die Stadt ab 2012 die Unterstützung für den Betrieb der zunehmend defizitären Kulturhalle zurückfährt, spitzt sich die finanzielle Schieflage (knapp 600.000 Euro) noch zu. Ein Verkauf des eigenen Areals von 19.000 Quadratmetern soll die Konsolidierung und Neuansiedlung — insgesamt wird mit einem Budget von fast fünf Millionen Euro jongliert — im Norden ermöglichen.

Was hat die Stadt davon?

Mit der Verlagerung der SpVgg Jahn, erklärt Ulrich Schürr, biete sich „eine städtebauliche Chance, für spürbare Entlastung auf dem angespannten Wohnungsmarkt zu sorgen“. 30 Prozent der Geschossflächen sollen unter den Bedingungen für sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden. Weiteres Entwicklungspotenzial ergibt sich mit der Aufgabe des klubeigenen Erbbaurechts am Areal südlich der Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße (Tennisanlage, Trainingsplatz Klosterwiese).

Was passiert mit dem ATSV?

Das gesamte Quartier „Philosophenviertel“ nördlich der Jahn-Straße umfasst auch den Bereich, wo der ATSV zu Hause ist. Bedingungen für den Umzug auf das im städtischen Besitz befindliche Germania-Gelände sind der Neubau einer Brücke an der Von-Guttenberg-Straße und Maßnahmen zur Abwasserentsorgung im Überschwemmungsgebiet. Der angrenzende Bolzplatz, der als zweites Spielfeld ertüchtigt werden soll, gehört einer Kirchenstiftung. Ein Nutzungsrecht ist im Gespräch.

Wo liegen die Probleme?

]In den Unterlagen des städtischen Baureferatsleiters René Franz wird als erster Punkt der Lärm benannt, der eine mögliche Wohnbebauung erschwert. Um bei der Schallbelastung durch die benachbarte Industrie und den Verkehr auf der Allee den gesetzlichen Rahmen einzuhalten, sieht das Architekten-Konzept schützende Gebäude-Blöcke nach Norden und Osten vor.

Die gravierenden Hürden finden sich jedoch alle am designierten neuen Standort. Zum Beispiel ist der Umgang mit der Skaterbahn, die auf Privatgrund steht und weichen müsste, bislang ungeklärt. Außerdem wäre der nördliche Teil der Kaiser-Heinrich-Straße zu verlegen. Für die Tennis-Abteilung des Jahn gilt es einen versetzten Umzug zu organisieren. Als Kleinigkeiten erscheinen diese Punkte indes gegenüber den komplizierten Besitzverhältnissen. Ein Mosaik aus 40.000 Quadratmetern muss von Stadt, Landkreis, VfB und Privatleuten erworben werden. Maßgebliches Hindernis für das Fortkommen der Verhandlungen ist ein städtischer Beschluss vom März 2016, der als Kompensation für den Verzicht des lange diskutierten Rückübertragungsrechts gefasst wurde. Darin ist unter anderem vorgesehen, dass der Jahn analog zur Größenordnung beim Verkauf mindestens 19.000 Quadratmeter in eigenem Besitz hält. Die Forderung kollidiert aus Vereinssicht sowohl mit der Bereitschaft der Beteiligten, die mehrheitlich nur ein Erbbaurecht einräumen wollen, als auch dem finanziellen Spielraum.

Der anvisierte Gewerbepark in der Nachbarschaft trieb die Preisvorstellungen exorbitant nach oben. Ulrich Schürr: „Eine Änderung des Beschlusses ist zwingende Voraussetzung, sonst ist die Umsiedlung gestorben. Wenn der Anfang aber geschafft ist, können wir uns bis Weihnachten den weiteren Zahnrädchen des Uhrwerks widmen. Alles baut aufeinander auf.“

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