Mischmasch am Paradeplatz Forchheim

26.2.2016, 06:00 Uhr
Mischmasch am Paradeplatz Forchheim

© Foto: Ulrich Graser

Letzten Montag ist die Ampelanlage am Paradeplatz ausgefallen. Um 13.05 Uhr ging eine Meldung an die Herstellerfirma Siemens ab: „Störung mit Abschaltung“.

Roland Brütting von der Straßenverkehrsbehörde der Stadt freut sich über diesen Automatismus, denn: „Das heißt, der UMTS-Rechner, den wir letztes Jahr angeschafft haben, hat funktioniert.“  Ab 13.05 Uhr zog allerdings ins Stammhirn der Autofahrer am Paradeplatz die große Unsicherheit ein: Oh, oh, die Ampel ist aus — wer darf jetzt wie fahren?

Dem Augenschein nach probierte es mindestens die Hälfte der Verkehrsteilnehmer mit Rechts-vor-Links. Das führte zu etlichen Beinahe-Zusammenstößen, einerseits. Andererseits zwang diese Haltung die Fahrer, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Ein Teil war sich seiner Sache aber sehr sicher und nahm sich die Vorfahrt, nötigenfalls mit Unterstützung der Hupe.

Tatsächlich regeln Schilder an dieser Kreuzung die Vorfahrt: Zuerst fahren darf, wer auf der Achse Paradeplatz-Marktplatz unterwegs ist. Warten muss derjenige, der aus der Klosterstraße kommt oder von der Tiefgarage her in die Kreuzung einfährt. Und jetzt kommt’s: Gäbe es die entsprechenden Schilder nicht, wäre also die Kreuzung schilder- und ampellos, so erklärt Roland Brütting, dann gälte trotzdem nicht Rechts-vor-Links. Wie das?

Dieses Rätsel werden die wenigsten Autofahrerinnen oder Autofahrer auf Anhieb erraten (abgesehen von den Fahrlehrern unter ihnen). Es gehört zu den größten Mysterien der in Jahrzehnten gewachsenen Forchheimer Verkehrspolitik.

Verblasste Streifen

Die Auflösung beginnt mit dem Hinweis, dass es sich bei der Straße am Paradeplatz um einen verkehrsberuhigten Bereich handelt (blaues „Spielstraßen“-Schild). Er endet dort, wo die verblassten weißen Streifen kurz vor der Ampel an ihn erinnern sollen. Danach, quer über die Kreuzung hinweg, folgen 25 Meter, die sich innerhalb der üblichen innerstädtischen Tempo-30-Zone befinden. Auf dem Marktplatz angekommen, gilt erneut der verkehrsberuhigte Bereich. Die Klosterstraße dagegen gehört zur Tempo-30-Zone, wie die meisten Straßen der Stadt. Gesetzt den Fall, am Paradeplatz fallen die Ampeln wieder aus (mit Meldung an Siemens), aber die Schilder mit der Vorfahrtsregelung wären nicht vorhanden und aus allen Richtungen führen Autos auf die Kreuzung zu: Dann müssten die Autofahrer auf der Achse Paradeplatz-Marktplatz warten, ob sie nun von rechts kommen oder nicht.

Warum? Weil, so zitiert Roland Brütting die Straßenverkehrsordnung, „derjenige, der aus einem verkehrsberuhigten Bereich in eine Tempo-30-Zone einfährt, wartepflichtig ist“. Brütting kennt dafür mehrere Beispiele. Eines ist die Einfahrt der Basteistraße am alten Hallenbadgelände in die Merowingerstraße. Wer hier von rechts kommt, muss warten (tut’s aber nicht immer).

Das Herz Forchheims besteht aus einem unübersichtlichen Mischmasch von Verkehrszonen unterschiedlichen Rechtsstatus’. Bei einer Störung im System, wie am Montag, ist verschärftes Improvisationstalent gefragt, gepaart mit der ortsüblichen Rücksichtnahme.

Ein Video von einem Beinahezusammenstoß am Paradeplatz finden Sie unter www.facebook. com/nn.forchheim

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