„Nischenmusik“ vom Feinsten

31.10.2015, 14:00 Uhr
„Nischenmusik“ vom Feinsten

© Foto: Braun

„Wir haben ihn schon einmal vor ein paar Jahren in der Kaiserpfalz in Forchheim spielen sehen. Deshalb haben wir uns sofort Karten besorgt“ erzählt ein älteres Ehepaar aus Hiltpoltstein vor dem Auftritt. Auch dieses Mal kommen beide voll auf ihre Kosten. Nicht wenige der Besucher haben Wolfgang Kalb schon einmal live erlebt — und die, die ihn zum ersten Mal auf der Bühne sehen, werden sicher wieder kommen.

Seit knapp 40 Jahren steht der Mittelschullehrer auf der Bühne und hat sich in Kennerkreisen einen hervorragenden Ruf erworben. „Heute gibt es wieder Country-Blues, lauter alte Sachen, was anderes gibt es nicht, wenn ich spiele!“ Was anderes wollen seine Anhänger auch gar nicht hören.

Wie im alten Saloon

Wenn er zur Gitarre greift und mit seiner unverwechselbaren Stimme loslegt, macht so mancher Zuhörer die Augen zu und fühlt sich zurückversetzt in einen alten Saloon in Louisiane in den 1930er Jahren. „Ich habe nie Gesangsunterricht genommen oder meine Stimme auf den Blues hin trainiert. Ich singe so, wie es mir in die Wiege gelegt wurde und kopiere niemand“, erklärt der Musiker. Dass dies der richtige Weg war bestätigt jeder, der Kalb singen hört. Er kopiert nicht seine Vorbilder wie Muddy Waters, sondern lässt mit seiner kraftvollen Stimme deren Werke neu erleben.

Dass er nach fast vier Jahrzehnten über genug Routine verfügt, um auch unvorhersehbare Situationen zu meistern, beweist Kalb bereits beim zweiten Song, als plötzlich eine Gitarrensaite reißt. Da erfahren die Zuhörer so nebenbei, dass sich auch Pop-Giganten wie die Beatles oder Stones bei alten Bluesmusikern bedienten. So stammt der Stones-Hit „Confession The Blues“ aus dem Jahre 1964 im Original aus den 30er Jahren. „Den Blues-Musikern damals ging es finanziell sehr schlecht,“ klärt Kalb auf, „den Stones hingegen nicht.“

„Kokain“ im Original

Dass er ein großartiger Gitarrenspieler ist, darf das Publikum spätestens beim Stück „Keep on Rockin . . .“ erleben. War der Funke bis dahin noch nicht übergesprungen, dann ist dies spätestens bei der Originalfassung von Hannes Waders „Kokain“ aus den 30er Jahren der Fall, bei dem „Gänsehautfeeling“ aufkommt.

Kalb nimmt seine Zuhörer weiter mit auf die musikalische Reise in die Vergangenheit. Sie erfahren, dass einer der ganz Großen des Blues, Robert Leroy Johnson das gleiche Schicksal wie zahlreiche andere große Musiker erfuhr, denn er starb sehr jung mit 27 Jahren. Er hat 29 Stücke hinterlassen, die Jahrzehnte später u. a. auch von Eric Clapton neu eingespielt wurden.

Kalb ist im positiven Sinne dem Blues verfallen. Er spielt seine Songs nicht routiniert herunter, sondern zelebriert sie mit dem ganzen Körper. Jede Faser ist in Bewegung, wenn er mit seiner kraftvollen Stimme die Zuhörer in seinen Bann zieht und dabei die Finger im atemberaubenden Tempo über den Gitarrenhals gleiten.

Nach einer kurzen Pause klärt er das Publikum über einen weiteren Irrglauben der Popmusik auf: „Der „Rock ’n’ Roll entstand nicht in den 50er Jahren, sondern bereits in den 20ern.“ Den Beweis liefert Kalb mit dem Stück „Talk to my baby“, das stark an Stücke von „Little Richard“ aus den 50ern erinnert. Mit dem Klassiker „St. James Infitmary“ eines ursprünglich aus Irland stammenden Liedes eines unbekannten Interpreten endete der offizielle Teil.

Es folgen drei Zugaben, die Kalb sichtlich Freude bereiten, darunter auch ein Gospelsong, der auf die nächste CD und die kommenden Auftritte hinweisen soll. „Da wird Original-Gospel gespielt, nichts mit Chören und langen Gewändern wie bei den Edwin Hawkins Singers, sondern nur mit Gitarre und Gesang.“

Die Zuhörer, vertreten sind alle Altersklassen, bekunden ihre Vorfreude mit langem Applaus. Kalb genoss den seltenen Auftritt in der Heimat, spielt er doch sonst überwiegend in der Fremde, wo er einen sehr guten Ruf genießt. „Die Veranstalter hier scheuen das Risiko, denn was ich spiele, ist Nischenmusik“, erklärt Kalb mit einem ausdrücklichen Dankeschön in Richtung Kulturkreis Ebermannstadt.

Keine Kommentare