Post-Streik: Forchheimer Landratsamt denkt praktisch

25.6.2015, 06:00 Uhr
Post-Streik: Forchheimer Landratsamt denkt praktisch

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Nur ein Zehntel bis ein Fünftel der normalen Post geht momentan bei der Stadtverwaltung ein, bestätigt Andreas Schneider, Sachgebietsleiter des Haupt- und Organisationsamtes. Für den „Abtransport“ der Briefe sorgt bei der Stadt die Post Inhouse Solution, eine Tochterfirma der „normalen“ Post. Rücksicht auf die Bürger nehme man, so Schneider, und verschicke in Streikzeiten „keine bösen Briefe an die Bürger“. Will heißen: Das Steueramt versendet in der Streikzeit keine Steuerbescheide und auch die Stadtkasse hält sich mit Mahnungen zurück.

Blutproben per Express

Dass weitaus weniger Post eingeht, kann auch Kathrin Schürr, Pressesprecherin des Landratsamts bestätigen. Damit die Ladungsfristen für die Kreisräte eingehalten werden können, werden die Sitzungsunterlagen an die Kreisräte persönlich zugestellt. Dazu werden die Hausmeister des Landratsamtes mobilisiert, die die Post ausfahren. Denn schließlich will man vermeiden, dass so, wie jüngst in Eggolsheim, eine Gemeinderatssitzung ausfallen musste, weil streikbedingt die Sitzungsunterlagen nicht rechtzeitig zugestellt werden konnten. Frist- und Terminsachen verlassen das Haus sicherheitshalber per Express, dazu zählen auch „verderbliche“ Waren, wie etwa Blutentnahmen des Gesundheitsamtes. Ein enormer Aufwand, der mit einer Menge Mehrkosten für das Landratsamt zu Buche schlägt.

Wie exorbitant teuer die Zustellung eines Expressbriefes ist, rechnet eine Mitarbeiterin der Postfiliale in der Forchheimer Wallstraße vor. Kostet der Normalbrief gerade einmal eine 62 Cent Briefmarke, muss man, will sicher sein, dass der Brief auch pünktlich ankommt, für die Expresszustellung satte 10,90 Euro berappen.

„Wir werden gut entsorgt“, kann Thorsten Goldhahn, Bereichsleiter bei Globus bestätigen. In der Postfiliale des Warenhauses werden die Güter pünktlich abgeholt, einen Paketabholservice gibt es im Globus allerdings nicht.

„Sendungsmengen wie in der Vorweihnachtszeit“ laufen momentan in den Postverteilzentren auf, erklärt Erwin Nier von der Postpressestelle.  Die Zustellstützpunkte laufen zur Zeit über, die räumlichen Kapazitäten sind erschöpft, so Nier. Mit Aushilfen und Abrufkräften versucht man momentan, abzufangen, was abzufangen ist.

Selbst am vergangenen Sonntag wurde zugestellt. „Die Sonntagszustellung war ein voller Erfolg. In einer einzigartigen Aktion haben sich bundesweit mehr als 11 000 freiwillige Helferinnen und Helfer daran beteiligt, unseren Kunden am Sonntag die verzögerten Briefe und Pakete zu übergeben“ so die offizielle Stellungnahme der Post.

80 Prozent wird zugestellt

„80 Prozent aller Briefe und Pakete werden momentan zugestellt“, behauptet Nier, „allerdings handelt es sich hierbei lediglich um eine Schnittmenge, das kann auch heißen, dass mancher Bürger seit Tagen keinen einzigen Brief im Briefkasten hat.“ Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass täglich 20 Prozent der Briefe, Päckchen und Pakete im Depot eingelagert werden müssen. Auf einer Fläche, deren Kapazität ausschließlich für einen einzigen Tag, nicht aber für eine Lagerung über mehrere Wochen ausgelegt ist.

Monika Singer ist Betriebsrätin der Deutschen Post AG in Nürnberg.  Sie sagt: "Höchstens 50 Prozent aller Postsachen werden verteilt." Die Expressabteilung der Post funktioniert nur deshalb noch, so Singer, weil dort ausschließlich Beamte arbeiten, die ja qua Gesetz nicht streiken dürfen. „Massive Drohungen gegen die Arbeitnehmer werden ausgesprochen“, so Singer, alle befristeten Kräfte sind im Einsatz, fürchten sie doch, wenn sie sich am Streik beteiligen, dass ihre Verträge nicht verlängert werden.

Effeltricher Briefkästen leer

„Von den 38 Zustellbezirken in und um Forchheim sind 28 Bezirke nicht besetzt“, so Singer. Das Lager am Bahnhof ist voll bis unters Dach. Als „nicht mehr tragbar“ bezeichnet NN-Leser Christian Krause den Zustand. Seit 14 Tagen schon haben der Effeltricher und auch dessen Freunde und Nachbarn weder Briefe noch Päckchen bekommen.

 

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