Weymann beerbt Seitenlinien-Tiger Sigi Bauer

6.6.2015, 09:00 Uhr
Weymann beerbt Seitenlinien-Tiger Sigi Bauer

© Foto: Edgar Pfrogner

Wer Siegbert Bauer das eine oder andere Mal an der Seitenlinie bei Spielen seiner Mannen beobachten konnte, der sah einen stets um Beherrschung bemühten Trainer, der im Kopf aber immer Spieler geblieben war. Gäbe es beim Handball eine Coaching-Zone, für den tigernden Bauer müsste sie ein paar Meter mehr Auslauffläche haben. Dass er am Geschehen so nah dran wie möglich sein wollte, liegt an der Gewohnheit. Mit 46 Jahren stellte sich der frühere Keeper ja noch ins Tor der 2. Mannschaft und der Alten Herren. Eine Selbstverständlichkeit – bis zu einem folgenschweren Abend Ende März. „Ich bin vom AH-Training nach Hause gekommen und habe mich total schlapp gefühlt. Es war etwas anderes, als einfach nur Erschöpfung vom Sport. Ich habe massiv geschwitzt und dann meiner Frau gesagt, dass etwas nicht stimmt“, erinnert sich Siegbert Bauer. Ein Herzinfarkt. Keine zwei Stunden später wurde er operiert.

Zu viel Freizeitstress

Weymann beerbt Seitenlinien-Tiger Sigi Bauer

© privat

„Ich hatte Glück im Unglück und bin glimpflich davongekommen. Meine Pumpe läuft wieder auf voller Leistung“, sagt Bauer, der nach vier Wochen Reha mit etlichen Tests bereits wieder zurück am Arbeitsplatz als Bauleiter ist. Als Auslöser für den Infarkt konnten die Ärzte eine Vorerkrankung ausschließen. „Es lag wohl am Freizeitstress beim Handball, den ich mir zusätzlich zum arbeitsreichen Beruf vier bis fünf Tage in der Woche aufgebürdet habe. Ich habe das nur nie so als Belastung empfunden“, erklärt er aufgeräumt: „Nach so einem Schockmoment weiß man, was wirklich wichtig im Leben ist.“ Das sah freilich auch die Buckenhofener Handball-Familie so, die ihrem Trainer die besten Genesungswünsche mit einem Mannschaftsfoto und der Überschrift „Sigi, wir stehen hinter dir“ zum Ausdruck brachten. „Darüber habe ich mich sehr gefreut. Leider durfte ich auf Station nicht besucht werden. Mein Bettnachbar hat sich einen Virus eingefangen“, so Bauer. Per Handy war der Coach aber immer in Kontakt mit seinen Schützlinge und bekam live die Spielinformationen aus erster Hand: „Die Aufregung dabei hält sich in Grenzen. Es ist ganz anders, als selbst vor Ort zu sein.“ Nach einem Zwischenspurt von drei Siegen in Serie besiegelten drei Niederlagen unter Trainer-Vertretung Manfred Schnell den Abstieg des Aufsteigers. Siegbert Bauer hat sich mit dem Saisonausgang trotzdem versöhnt: „Es war nicht möglich, unsere vielen Ausfälle zu kompensieren. Wir wussten von Anfang an, dass es schwer wird. Daher ist der Abstieg kein Weltuntergang.“

Ab Herbst will der SV Buckenhofen erneut Anlauf nehmen, in die Bezirksoberliga zurückzukehren. Aber ohne Siegbert Bauer. „Ich habe Anweisung vom Arzt, aus gesundheitlichen Gründen kürzer zu treten. Außerdem denke ich, dass der Mannschaft nach drei Jahren und dem Abstieg ein neuer Impuls guttut“, erklärt der 46-Jährige, der künftig nur noch bei den AH mitspielen darf. Aus Verbundenheit zum Verein organisierte Bauer die Suche nach einem Nachfolger selbst mit und knüpfte so den Kontakt zu Georg Weymann: „Ich kenne ihn, seit wir mit den Damen gegeneinander gespielt haben. Er hat beim VfB gute Arbeit geleistet.“ Weymann, Wahl-Franke vom Niederrhein, feierte gerade den BOL-Aufstieg mit der Reserve des TV Erlangen-Bruck und stieg einst als Spieler mit dem VfB Forchheim in die Bayernliga auf. „Er passt als einer von ganz wenigen Kandidaten perfekt in unser Anforderungsprofil. Schorsch kennt die Anforderungen in der Bezirksliga und ist ein vereinstreuer Typ“, heißt es in einer Mitteilung des SVB über den 50 Jahre alten Linkshänder. Das Ziel auch des neuen Trainers, der für seine Mission kurzfristig einen länger geplanten Urlaub vorverlegte, sei der sofortige Wiederaufstieg, notfalls über die Relegation. Denn die Liga-Einteilung ist ein hartes Los. Mit dem TV Altdorf und der HG Amberg finden sich sämtliche BOL-Absteiger in der Bezirksliga West wieder. „Buckenhofen hat trotzdem das Potenzial, sich durchzusetzen. Die Altersmischung im Team stimmt. Vielleicht ist es sogar besser für die Jungs, wenn das Meisterrennen umkämpfter wird. So müssen sie immer voll konzentriert bei der Sache sein“, findet ihr Ex-Trainer.

Pulsmesser zur Kontrolle

Beschäftigungslos wird Siegbert Bauer in der kommenden Spielzeit übrigens nicht sein. Er peilt ein neuerliches Engagement bei einer Damen-Mannschaft im Nürnberger Raum an. „Aufwand und Belastung sind nicht so groß wie bei den Männern. Und ich spare Zeit, da ich nach der Arbeit direkt zum Training fahren kann“, erklärt er. Aus „Altersmilde“, wie der bald 47-Jährige mit einem Schmunzeln sagt, will er seiner Gesundheit in Zukunft mehr Zugeständnisse machen: „Ich muss an der Seitenlinie wirklich ruhiger werden, das habe ich mir vorgenommen. Zur Kontrolle habe ich mir schon einen Pulsmesser gekauft.“

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