Wie sich Hallerndorf mit Energie versorgen will

10.6.2015, 18:00 Uhr
Wie sich Hallerndorf mit Energie versorgen will

© Martin Regner

Laut Bürgermeister Torsten Gunselmann muss eine Entscheidung innerhalb der nächsten sechs bis acht Wochen fallen, damit das nötige Rohrnetz zusammen mit Trinkwasserleitungen, Abwasserkanälen, Strom- und Telefonkabeln noch vor dem Straßenbau verlegt werden kann. Am Montagabend haben bei einer Informationsveranstaltung die anwesenden Bauwilligen ihr einhelliges Interesse signalisiert.

Lisa Badum und Maximilian Rapp von der Naturstrom AG aus Forchheim präsentierten ihr Konzept für eine zentrale Energieversorgung in drei Stufen. Demnach soll ein mit Holzgas betriebenes Blockheizkraftwerk (BHKW) Strom und Wärme liefern; die Wärme wird übers Rohrnetz auf die Haushalte verteilt.

Wärme aus der Aisch

Mit dem Strom könnte eine Wärmepumpe betrieben werden, die die natürliche Temperatur des Aischwassers ebenfalls für die Gebäudebeheizung nutzbar macht: Aus den rund 15 Grad, die das Flusswasser normalerweise hat, könnte die Wärmepumpe die Energie auf rund 70 Grad verdichten. Für besonders kalte Tage mit hohem Heizbedarf käme ein mit Hackschnitzeln betriebener Heizkessel zum Einsatz, der die Leistungsspitzen abfängt.

Für das BHKW, die Wärmepumpe und den Spitzenlastkessel sowie einen Pufferspeicher, der warmes Heizwasser bevorratet, müsste laut Rapp eine Heizzentrale in einer Größenordnung von rund zehn auf 20 Meter Grundfläche errichtet werden. Gleichzeitig könnten aber die Bauherren bei ihren Häusern auf einen Heizungskeller, einen eigenen Öl- oder Pellets-Lagerraum und den Bau von Kaminen verzichten. In den Häusern verbraucht eine Übergabestation vom zentralen Netz auf das Hausnetz nur etwa so viel Platz wie eine Kommode.

Damit für die Heizzentrale nicht Bauplätze wegfallen, brachte Bürgermeister Gunselmann dafür eine Fläche nördlich der Kreuzbergstraße ins Gespräch, die sich im Eigentum der Gemeinde befindet.

Wesentlich für die Wirtschaftlichkeit einer zentralen Wärmeversorgung ist die Frage, ob über die 28 neuen Häuser des Baugebiets hinaus bereits bestehende Gebäude eingebunden werden. Gunselmann erklärte, dass ein Anschluss der Grund- und Mittelschule einen gewissen Charme hätte. Diese ist im Moment nicht nur sanierungsbedürftig, sondern wird auch noch mit strombetriebenen Nachtspeicheröfen beheizt: „Nicht mehr zeitgemäß“, sagte Gunselmann.

Auch die Schulturnhalle, die über eine störungsanfällige und derzeit defekte Hackschnitzelheizung verfügt, kommt laut Gunselmann als Großabnehmer von Heizenergie in Frage. Insofern würde sich auch das Umfeld der Schule als Standort für die Nahwärmeanlage anbieten. Schriftlich wurden die Eigentümer von rund 120 vorhandenen Häusern zwischen Schnaider Straße und westlichem Ortsrand zu ihrer Meinung befragt. 34 wären bereit, ihre Gebäude ebenfalls an das zentrale Netz anbinden zu lassen und ihre alte Heizung stillzulegen. Die übrigen Hausbesitzer sollen nun von der Naturstrom AG gezielt persönlich angesprochen werden, wie Lisa Badum ankündigte. Noch während der Veranstaltung signalisierten die anwesenden Interessenten für Bauplätze im „Boint“ ihr einhelliges Interesse an einem derartigen Projekt.

Neue Infos, neue Haltung

Das Ingenieurbüro Weyrauther, das den Bebauungsplan für das Gebiet „Boint“ erstellt, hatte sich vor kurzem noch skeptisch zu einem Nahwärmeprojekt geäußert. In einer Stellungnahme für die Gemeinderatssitzung vom 21. April heißt es: „Der Bau einer zentralen Nahwärmeversorgung ist in der Regel für Neubaugebiete mit gut gedämmten Gebäuden oder Passivhäusern unwirtschaftlich.“ Dazu erklärte Ingenieur Max Brust nun auf NN-Anfrage, dass „wir damals noch nichts von dem jetzt vorstellten Konzept wussten.“ Wenn auch Bestandsgebäude wie Schule, Turnhalle und ältere Wohnhäuser einbezogen würden, könne sich ein Nahwärmenetz durchaus rechnen, so Brust.

Maximilian Rapp kalkulierte, dass eine Kilowattstunde Endenergie aus fossilem Heizöl unter Berücksichtigung aller Kosten von der Anschaffung der eigenen Ölheizung bis zum Schornsteinfeger zwischen zwölf und 14 Cent kostet. Demgegenüber könnte die vorgeschlagene Nahwärmeanlage eine Kilowattstunde Wärme für einen Preis zwischen elf und zwölf Cent liefern und das ausschließlich aus regenerativen Energiequellen.

Mehrere der anwesenden Bürger schlugen vor, auch die Kraft der Sonne zu nutzen, etwa mit Solarkollektoren auf dem Dach der Schule, dem Dach der Heizzentrale oder den Wohnhausdächern. Maximilian Rapp erklärte sich dazu bereit, diesen Gedanken bei der weiteren Projektierung durch die Naturstrom AG zu berücksichtigen.

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