Babylon-Kino zeigt anatolische Impressionen

19.1.2016, 11:00 Uhr
Babylon-Kino zeigt anatolische Impressionen

© Foto: Horst Linke

Ein kleiner Junge im Laufstall, aber nicht im Kinderzimmer, sondern auf der Dachterrasse eines Landhauses. Der Blick des Babys kann in die weiten Ebenen der anatolischen Hügellandschaft wandern. Der Bub wirkt einsam und verloren, aber zugleich in seinem Gitterbett doch geborgen und beheimatet. Bilder wie diese hat der Fürther Filmemacher und Fotograf Jochen Menzel für die kleine Schau im Babylon-Café zusammengestellt.

Unendlicher Himmel

Dabei gelingt es dem Bildkünstler, Momente einzufangen, die nicht nur für die Gegenwart des asiatischen Teils der Türkei stehen, sondern auch für die Geschichte, Landschaft und Kultur dieser schon seit einer Million Jahren besiedelten Region. Menzel zeigt zum Beispiel ein rotes Stoppschild in einer auf Kilometer hin leeren Landschaft: kein Mensch, kein Auto, kein Baum, kein Strauch. Völlige Ruhe und Abgeschiedenheit. Aber ein unendlicher, dynamischer, aufregender Wolkenhimmel. So gesehen in Zentralanatolien.

Oder eine sechsköpfige Bauersfamilie, gemeinsam eingequetscht unterwegs auf einem Motorrad mit Beiwagen. Gesichter, in denen sich die Geschichte der Region eingegraben hat. Oder eine Hochzeitsszene: Die Braut in Weiß und geschmückt, aber eher schüchtern als stolz im Hintergrund. Davor die Eltern und Verwandten, das junge Mädchen in Besitzerstolz präsentierend. Es ist ein neugieriger, wohlwollender Blick der Kamera.

Mit wenigen Motiven entsteht so ein Panorama des ländlichen Lebens, der Landschaft und der Traditionen Anatoliens. Jochen Menzel hat sich als Filmemacher seit Jahrzehnten mit seiner Frau Gülseren Suzan das Leben der Türken in Deutschland zum Thema gemacht. Der Blick zurück auf die Wurzeln der türkischen Heimat eröffnet, so gesehen, eine neue Facette dieses interkulturellen Austausches.

Die Ausstellung gibt es auch in einer Version, die Menzels Anatolien-Eindrücken die Bilder des türkischstämmigen Fotografen Cella Seven aus Schlüsselfeld gegenüberstellt. Da treffen fränkische Bauerngesichter auf ihre türkischen Pendants und schaffen zusätzliche Spannung und Nachdenklichkeit. Vielleicht ein anderes Mal in größeren Räumen.

Die aktuelle Schau im Babylon ist eine ideale Einstimmung auf die Reihe mit türkischen Filmen: Am 10. Februar läuft als Vorpremiere „Der Kuaför aus der Keupstraße“ über den NSU-Nagelbomben-Anschlag auf ein türkisches Viertel in Köln.

„Anatolia Icons“: Babylon-Kino im Stadtpark (Nürnberger Straße 3). Bis 9. März.

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