Bauern drängen mit aller Macht auf den Bio-Markt

18.7.2017, 06:00 Uhr
Bauern drängen mit aller Macht auf den Bio-Markt

© Foto: Fiedler

Seit 20 Jahren ist Gerald Weghorn vom Zacherhof Biolandwirt. Mit etwa 50 Hektar unterm Pflug und 45 Mutterkühen ist sein Hof ein moderner Familienbetrieb. Auch wenn auf den Feldern nicht gespritzt und herkömmlich gedüngt wird, die Kühe samt ihrer Kälber stehen im geräumigen Tretmiststall. Fehlanzeige, wer hier Bilderbuchromantik sucht. Familie Weghorn, die das Fleisch ihrer Bio-Angus-Rinder ab Hof vermarktet, präsentiert eine hochmoderne und blitzblanke Betriebsanlage, der die zum Pressetermin angereisten Landwirts-Kollegen ihren Respekt zollen.

"Ich experimentiere halt einfach gern", meint Gerald Weghorn angesichts seines Roggenbestandes. Fast mannshoch steht das reifende Getreide am Halm. Obwohl Weghorn als Biobauer keine Unkrautbekämpfungsmittel anwenden darf, präsentiert sich der Bestand in Reinkultur.

Weghorn schildert seine Tüfteleien in der Fruchtfolge: "Zuerst wächst die Luzerne, eine meiner wichtigsten Futterpflanzen. Dann folgen Winterweizen, Zwischenfrucht, Sommergetreide meist als Mischfrucht, daraufhin Roggen und dann wieder Luzerne." Nur so könne er genügend Futter für die Kühe produzieren und geschickt die eiweißanreichernden Pflanzen in den Anbauplan einschleusen. Und weil er fast nach Stoppuhr pflügt und sät, verschafft er dem keimenden Getreide Zeitvorteile: "Es muss vor dem Un kraut zu wachsen beginnen."

Weghorns Hof ist einer von 31 Biobetrieben im Landkreis Fürth, die insgesamt 900 Hektar und damit knapp vier Prozent der landwirtschaftlichen Fläche bewirtschaften. "Die Tendenz ist steigend", erzählt Nikolaus Ehnis, Pflanzenbauberater am Fürther Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Immer mehr Bauern hätten Interesse daran.

Peter Köninger, BBV-Kreisobmann aus Kreben, zeigt sich überzeugt, dass noch ein Markt für Bio-Produkte da ist. "Die Politik hat immer mehr Interesse an Bio", kann er berichten; zu gleich merkt er aber an, dass das nichts mit einer allzu grünen Gesinnung zu tun habe. "Die sehen jetzt endlich, dass uns Bauern Marktanteile und damit Einkommen verloren geht", erklärt der BBV-Mann. Wirtschaftsleistung, die regional generiert werden könne, fließe derzeit ab. Denn Deutschland importiere Bioprodukte vor allem aus Österreich und Dänemark. Dass den bayerischen Bauern dieses Geld verloren geht, ist für Köninger ein Unding: "Wir müssen doch die Märkte bedienen, bevor es die anderen tun."

Biobetriebe ernten normalerweise nicht so üppig wie konventionell arbeitende Bauern. Rund ein Drittel weniger Getreide fahren sie ein und unterliegen ebenso den Ertragsschwankungen wie ihre Kollegen. Für beide "Fraktionen" könnte 2017 allerdings ein gutes Jahr werden. Zumindest gibt sich der Cadolzburger Johannes Strobl vorsichtig optimistisch. Er be wirtschaftet selbst einen konventionellen Ackerbaubetrieb und präsentiert seine Beobachtungen. Die beginnen mit der Wintergerste, die im Landkreis schon gedroschen ist. 70 bis 80 Doppelzentner hat sie gebracht. "Das ist sehr zufriedenstellend", meint Strobl und meldet auch einen leicht verbesserten Preis: "Ein bis zwei Euro mehr."

Kapriziöser stellt sich der Weizen an. "In den Beständen erkennt man jeden Steinbuckel und jede Sandbank", erzählt der Landwirt. Die Frühjahrstrockenheit produziere wahrscheinlich, je nach Standort, erheblich Differenzen im Ertrag. Dafür zeigten die Getreidebörsen einen Aufwärtstrend beim Preis. Den Grund kennt Strobl: "Die Trockenheit in den USA und auf dem Balkan bedingt geringere Ernten." Auf diese Weise macht er deutlich, wie der Weltmarkt auch den Landkreis Fürth beeinflusst.

Lebhafte Diskussionen führen die Landwirte, als der Laubendorfer Matthias Kohl über den Mais und Johannes Strobl über die Ganzpflanzensilage (GPS) sprechen – Früchte mit positiver Ertragserwartung. Beide Ackerprodukte können bei Bauern, die mit Sachverstand und Akkuratesse ihre Felder bewirtschaften, in en ger Symbiose leben. Denn die GPS ist eine wertvolle Futterpflanze fürs Rindvieh und die Biogasanlagen. Zudem kann nach ihrem Schnitt noch Gründünung eingebracht werden. Die wiederum ist gut für die Bodenstruktur und die Wasserhaltefähigkeit.

Matthias Kohl beschreibt die Arbeiten auf dem Maisfeld und im Grünland. Sein Vortrag zeigt, wie viel Kopfarbeit heute eine umweltschonende und tierfreundliche Produktionsweise macht. "Wo die Bodenpflege stimmt, wird auch mal bei einem Starkregen kein Boden aus dem Maisacker gewaschen", hat er beobachtet. Vor wenigen Wochen seien in Laubendorf 50 Li ter auf den Quadratmeter runterge gan gen. Da habe man sehen können, dass das Wasser aus den versiegelten Gebieten die Zenn ansteigen ließ. Kohl voller Stolz: "Die Maisäcker haben die Niederschläge gehalten."

Nicht die nackten Ertragszahlen standen jedoch beim Erntegespräch im Vordergrund, sondern das Ringen der Fürther Landwirte um ihre Reputation und das Werben um das Vertrauen der Verbraucher.

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