Die Dullnraamer wollen klare Kante zeigen

28.1.2016, 11:00 Uhr
Die Dullnraamer wollen klare Kante zeigen

© Foto: Hans-Joachim Winckler

„So viel Jahr war noch nie“, bilanzierte die Wochenzeitung Die Zeit beim Blick auf 2015. Treffender lässt sich schwerlich das Gefühl formulieren, das alle umtreibt; ein Gefühl, nicht mehr Schritt halten zu können mit pfeilschnellen Neuigkeiten, die Deutschland und die Welt in Atem halten. Alle japsen.

„Alle“, das heißt eben auch: Spaßvögel, Komiker, Kabarettisten. Wo anfangen und welches Thema herausfischen aus dem aufgepeitschten Meer der Aufreger-Themen? Und was lässt man besser liegen? 2015 und die ersten Januar-Wochen, sie sind Fund- und Fallgrube zugleich. Sich etwa mit Lästerzungenschlag auszulassen über die Anschläge von Paris, gleicht einem Ritt auf der Rasierklinge, und darüber sind schon ungleich prominentere und professionellere Satiriker als die Dullnraamer bös ins Schlingern geraten.

„Du kannst einfach nicht auf Kosten von Dutzenden Toten eine Nummer schreiben“, bekennt Frontmann Uwe Weiherer, und unumwunden fügt er hinzu: „Es war ein schlimmes Jahr, es ist wirklich schwierig für uns.“ Nun waren die Fürther Kanalräumer, heuer gehen sie in die 23. Session, noch nie Garanten für Stunden voller unbeschwerter „Was haben wir gelacht“-Stimmung mit krachender Herrenwitz-Beilage; eher steht das Ensemble unter der Regie von Chefin und Autorin Ute Weiherer seit eh und je für links-widerborstige Schlagkraft, für boshaft umgetextete Rocksongs — wieder dabei ist die vier Mann starke Dullnraamer-Band aus Ansbach — und für Lacher, die gern mal auf Halshöhe stecken bleiben. Weiherers Kanalräumer gehen dorthin, wo es weh tut, sehr weh. Gleichwohl soll und muss auch 2016 eine „Sidzung“ gelingen, die die 250 Zuschauer in der großen Halle des Kulturforums nicht als Trauergemeinde zurücklässt.

Zum Beispiel die Flüchtlinge. Beileibe kein Stoff für Faschingsabende. Oder vielleicht doch. „Wir haben“, so Uwe Weiherer, „zu dem Thema eine klare Position. Das Publikum weiß, wo wir politisch herkommen, wir zeigen klare Kante. Ein so reiches Land wie Deutschland kann das bewältigen. Allerdings reicht der Ausspruch ,Wir schaffen das‘ allein natürlich nicht.“

Europäischer Völkerball

Das Thema schafft aber auch die Chefin. Ein Song contra Innenminister Thomas de Maizière ist im Kasten. Eine Nummer aber, in der die Länder Europas Völkerball spielen und darauf hoffen, so flott wie möglich hinausgeworfen zu werden, hat Weiherer seit Oktober inzwischen viermal umgeschrieben. Die Aktualität ist rasanter als jeder Kabarett-Text. Aus der Horrornacht von Köln werde hingegen „mit Sicherheit“ keine Extranummer, aber Ute und Uwe Weiherer wollen sie aufgreifen in ihrem traditionellen Zwiegespräch, einer Tour de force durch die Sümpfe der vergangenen Monate. Uwe: „Wir sind jedenfalls erstaunt, wie viele Leute seit Köln ganz plötzlich Feministen sind.“

Pegida, AfD, CSU sowieso: Die 16 Dullnraamer-Frauen und -Männer haben heuer einiges abzuarbeiten. Neu im Feindbilder-Vitrinenschrank sind die Ganoven von der FIFA und Unterschriftenautomat Beckenbauer sowie eine Gruppe skurriler Mitmenschen, die die Fürther Kanalarbeiter-Truppe als „spät gebärende Väter“ bezeichnet und die in Fürth, so will es Uwe Weiherer beobachtet haben, „vor allem samstags auf dem Bauernmarkt herumlaufen“. Und da ahnt man dann doch: Gesenkten Hauptes und tief betrübt werden die Dullnraamer-Fans nach drei Stunden Quasseln, Abrocken, Tanzen und der finalen „Für immer bleed“-Nummer auch die Sidzung 2016 nicht verlassen. Es gab schon schlechtere Nachrichten.

Dullnraamer-Sidzung 2016: Premiere morgen, 20 Uhr, Kulturforum (Würzburger Straße 2).
Weitere Termine: 30. Januar
und 5./6. Februar, jeweils
20 Uhr. Karten (22 Euro) im FN-Ticket-Point (Rudolf-Breitscheid-Straße 19, Tel. 2 16 27 77), dort gibt es 20 Prozent ZAC-Rabatt.

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