Flüchtlinge als Chance für Fürther Unternehmen

6.3.2016, 21:00 Uhr
Viele Flüchtlinge leben inzwischen in Fürth. Sie in Arbeit zu bringen, ist eine große Herausforderung und birgt Chancen, meint die Wirtschaft.

© Winckler Viele Flüchtlinge leben inzwischen in Fürth. Sie in Arbeit zu bringen, ist eine große Herausforderung und birgt Chancen, meint die Wirtschaft.

Über eine Million Flüchtlinge – viele von ihnen hochmotiviert, durch Arbeit ihre Notsituation rasch zu verbessern, und immerhin ein Teil auch mit schon vorhandener Ausbildung oder Berufserfahrung – stehen inzwischen dem deutschen Fachkräfte- und Azubimangel gegenüber. Wirtschaft und Politik sind sich einig: Eine der größten Aufgaben der nächsten Jahre wird es sein, diese Menschen nicht nur kulturell und gesellschaftlich zu integrieren, sondern sie auch erfolgreich für den deutschen Arbeitsmarkt zu qualifizieren.

Offene Fragen

Moderiert von der stellvertretenden Vorsitzenden des Fürther IHK-Gremiums, Alexandra Latteier, und mit einem in die Thematik einführenden Grußwort des Gremiums-Vorsitzenden Christian Bühler leistete der Vortragsabend einen ersten wichtigen Beitrag zur Information von Unternehmen.

Es gebe hier noch eine ganze Menge offener Fragen, betonte Bühler, aber „wenn der Integrationswille auf Flüchtlingsseite da ist, geht es um die Integrationsfähigkeit, um Spracherwerb und berufliche Qualifizierung. Hier setzen wir an.“

Insbesondere Sprachkenntnisse wurden als entscheidendes Kriterium für das Gelingen von Integration hervorgehoben. Entsprechend vielschichtig sind die aktuellen Angebote an Sprachkursen und Weiterqualifizierungen beispielsweise bei der IHK, wie Ausbildungsleiter Stefan Kastner und Projektleiterin Yvonne Wetsch, die beide für Flüchtlinge zuständig sind, sagten.

Ähnliche Programme und Qualifizierungen gibt es auch bei der Agentur für Arbeit, bestätigte deren Fürther Geschäftsführer Thomas Dippold. „Leider ist der durchschnittliche Ausbildungsstand der Flüchtlinge unserem deutschen offenbar nicht vergleichbar“, sagt er. Angesichts von über 50 Prozent männlichen Asylsuchenden unter 25 Jahren liegen für seine Behörde die aktuellen Prioritäten auf der Hand: „Ausbildung ist das Wichtigste.“ Natürlich müsse man aber auch möglichst schnell „die Erwachsenen weiter qualifizieren und in Arbeit bringen“.

Bürgermeister Markus Braun skizzierte die aktuelle Situation in Fürth: Rund 2000 Asylbewerber leben hier in den beiden Erstaufnahmeeinrichtungen oder in verschiedenen Gemeinschaftsunterkünften über die Stadt verteilt, wöchentlich kämen 30 bis 60 hinzu: „Stadt, Verwaltung und Helfer sind extrem gefordert“, so Braun. Und: „Alles andere als eine gelungene Integration wäre auch fiskalisch teurer.“

Rechtlich besteht sogar mit Duldungsstatus – hier gewöhnlich mit einer Wartefrist von drei Monaten – die Möglichkeit, eine Beschäftigung aufzunehmen, sagte Klaus Franz von der Fürther Ausländerbehörde über die Gesetzeslage: „Aber ob Arbeitsplatz, Ausbildung oder Praktikum – es braucht immer eine Genehmigung.“

Ausgenommen sind lediglich Hospitationen, die nicht als Beschäftigung gelten. Das Antragsverfahren für Firmen sei nicht kompliziert und eine Bearbeitung in längstens 14 Tagen möglich: „Wir arbeiten am Limit, um alles zu beschleunigen“, versichert Franz. Auch Probearbeit sei eine gute Option für Betriebe, die Fähigkeiten neuer Mitarbeiter erst einmal praktisch zu testen.

„Eine Herausforderung“

Alle Fachleute stimmen überein: Die sich mit den Flüchtlingen bietenden Potenziale dürfen nicht leichtfertig verschenkt werden. Zwar seien eine andere Sprache und Kultur sowie der meist noch geringere Qualifizierungsstand „natürlich eine Herausforderung“. Doch sie sehen in diesen „Fachkräften von morgen“ auch „eine große Chance für die deutsche Wirtschaft“.

Ämter und Organisationen wie IHK, Arbeitsagentur und Ausländerbehörde stehen Unternehmen bei allen Fragen zur Beschäftigung von Flüchtlingen mit Rat und Tat zur Seite. Die Veranstaltungsteilnehmer nutzten diese Gelegenheit unmittelbar: Über eine Stunde dauerten die vertiefenden Einzel- und Gruppengespräche, bevor der Abend schließlich sein Ende fand.