Klatsch und Tratsch auf Fürths heißester Meile

23.10.2015, 14:00 Uhr
Klatsch und Tratsch auf Fürths heißester Meile

© Foto: Tim Händel

Was macht eine gute Seifenoper aus? Unverwechselbare Charaktere, hart an der Stereotypen-Grenze. Voilà: Straßenmusiker Peter lagert am Gauklerbrunnen und improvisiert ein paar Zeilen. Und schon geht’s los: Luise und Max treffen aufeinander. Luise ist Erzieherin und ihrem Verflossenen Max in Hassliebe verbunden. Denn Siemens-Ingenieur Max ist zwar liebenswürdig, aber ein Weichei, nie weiß er, was er eigentlich will.

Vanessa und Oswald sind Geschwister. Während Vanessa sowohl Max bezirzt als auch den Literaten Julius, pflegt Oswald seine femininen Anteile über Gebühr: Er gibt sich als Transvestit zu erkennen. Derweil verachtet der elitäre Literat Julius Friedrichayn die ganze Welt, vornehmlich aber Italiener. Frage ans Publikum: „Warum mag Julius Italiener nicht?“ Antwort: „Sie spannen ihm seine Freundinnen aus. Und trinken billigen Fusel!“

Und das ist das zweite Erfolgsgeheimnis gelungener Seifenopern: Kaum eine Szene dauert länger als fünf Minuten. Ist eine gewisse Zeit übersprungen, erschallt vom Bühnenrand das Kommando: „Schnitt! Szenenwechsel!“ Bahnt sich ein Konflikt an, kommen wieder Fragen ans Publikum. „Warum handelt Max so? Wieso will Vanessa was von ihm?“ Die spontanen Antworten finden sogleich ihre Bestätigung im Spiel der Akteure.

Die Wirkung ist eine Gratwanderung. Einerseits wirkt die „Gustavstraße“ wie eine Parodie auf „Marienhof“ und „Lindenstraße“, andererseits wie eine perfekte Kopie — filmische Szenenwechsel, Cliffhanger gerade dann, wenn es am spannendsten wird, Typen mit Wiedererkennungswert im Alltag. Doch das Besondere an der „Gustavstraße“ ist: Jede Szene ist komplett improvisiert.

Zwei Damen und drei Herren bilden das Ensemble „Ernst von Leben“ aus Bamberg. Das bedingt natürlich, dass jeder zwei bis drei Rollen ausfüllen muss. So mutiert Olga Seehafer von der verhuschten Luise mit Hornbrille zur knallharten Immobilienmaklerin Caroline, wandelt Felix Forsbach sich vom sanften Transvestiten Oswald zum Ekelschnösel Julius. Lediglich Julius Paulmann markiert sowohl als Max wie als Kneipier Louis den lieben Gutmenschen. Selbst als italienischer Friseur quittiert er Beleidigungen mit einem Lächeln.

Rasantes Dramolett

Aber das kann sich ja noch ändern. Denn die „Gustavstraße“ geht für die nächsten fünf Wochen jeden Mittwoch in eine neue Runde. Wer als Zuschauer frisch dazukommt, der wird durch ein rasantes „Was bisher geschah“-Dramolett instruiert, und wer letztes Mal dabei war, der kommt auch nächstes Mal wieder. Denn man will ja wissen: Wie wird es weitergehen? Wird der Kneipier seinen Kauf bereuen? Werden Vanessa und Julius ein Paar? Verlieben sich vielleicht Max und Oswald ineinander? Hingehen, anschauen, totlachen.

„Gustavstraße“: Babylon-Keller (Nürnberger Straße 3). Nächster Termin: 28. Oktober, 19.30 Uhr. 9 / 7 Euro.

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