Medienpreis: Von Monstern, Blindgängern und Schuld

3.11.2015, 11:00 Uhr
Medienpreis: Von Monstern, Blindgängern und Schuld

© Foto: Armin Leberzammer

Für Dekan Jörg Sichelstiel war die gesamte Reformation „ein riesiger Kontrollverlust“. Rom musste nicht nur Macht abgeben, sondern auch die Kontrolle über Glaube und Wissen. Möglich wurde dies durch die Erfindung des Buchdrucks, der erstmals die Verbreitung von Informationen in deutscher Sprache in ungeahntem Ausmaß mit sich brachte. „Heute kann jeder mit dem Handy noch viel mehr aus dem Internet abrufen, aber die Kontrolle haben wir längst verloren“, spannte er den Bogen in die Gegenwart.

Auch die aktuellen Flüchtlingsbewegungen seien Ausdruck „eines gigantischen Kontrollverlusts und des Strebens nach Freiheit“, so Sichelstiel. Das Motto des mit insgesamt 3000 Euro dotierten Medienpreises sei somit gut gewählt und aktueller denn je. Ausgezeichnet wurden von einer fünfköpfigen Fachjury jeweils zwei Beiträge in den Kategorien „Sehen und Hören“, „Machen“ und „Lesen“.

Mit ihrem Artikel „Stadt, Land, Bombe“ über das Leben laotischer Bauern mit den Blindgängern des Vietnamkriegs (erschienen in der Süddeutschen Zeitung) erhielten die Journalisten Caroline von Eichhorn und Christoph Behrens den ersten Preis in der Kategorie Lesen. „Eine klassische Reportage, die unter hohem persönlichen Einsatz und Risiko vor Ort recherchiert wurde“, begründete die Jury ihr Votum. Freiheit werde dabei als Wiedergewinnung des eigenen Handlungsspielraums beschrieben.

Der zweite Preis wurden dem Autor Robert Wolfgang Segel für seinen Artikel „Deine, meine Monster“ überreicht. Er hatte sich darin mit dem Aspekt Depression in der Familie befasst.

Sehr authentisch

Der Kurzfilm „Fußballwunder“, konzipiert und umgesetzt von Schülern des Oberasbacher Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums, geht auf das Schicksal eines Flüchtlingsjungen ein. Ein „typischer Amateurfilm, sehr authentisch und gut gespielt“, so das Urteil der Jury, die den Beitrag mit dem ersten Preis auszeichnete. Platz zwei ging an die Gruppe #B3MG für ihren Beitrag „Er hängt“, in dem spielerisch und weitgehend ohne Worte die Persönlichkeit eines Studenten gezeichnet wird, der sich seine Freiheit gegen Klischees und Karrierebilder erkämpft.

In der Kategorie „Machen“ nahmen Schüler der Fürther Hans-Böckler-Schule an dem Wettbewerb teil und landeten auf Platz zwei. Ihr Beitrag „Projekt.Schuld“ beleuchtet die Auswirkungen der Schuldenkrise in Portugal und wurde multimedial und mit einem Theaterstück umgesetzt.

Sowohl der erste Preis in dieser Kategorie als auch der Publikumspreis ging schließlich an das Tanztheaterprojekt „Triebwerk“ der Nürnberger Wilhelm-Löhe-Schule. Zu Recht, wie Laudator Ralf Frisch, Theologe an der evangelischen Hochschule Nürnberg, fand. Im Zentrum von „Triebwerk“ steht das Phänomen Speed Dating. „Dabei spielen wir uns selbst und so, wie wir sein wollen, damit wir geliebt werden“, urteilte Frisch.

Der Tanz auf dem Markt der Anerkennung knüpfe letztlich an eine der zentralen Fragestellungen der Reformation an: „Wie muss ich sein, um Gnade zu finden?“. In der spielerischen Umsetzung der Schüler könne man fasziniert sehen, wie schnell und individuell, aber auch zutiefst stereotyp sich jeder Einzelne präsentiere. „Wir verkaufen uns in die Fänge von Fremdbildern“, so der Laudator, der beim Thema Freiheit auf den Philosophen Theodor W. Adorno verwies: „Geliebt wirst du einzig dort, wo du schwach sein darfst und alle Masken ablegen kannst.“

Sämtliche Beiträge können auf der Dekanatshomepage www.fuerth-evangelisch.de abgerufen werden.

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