Milchpreis: Bauern setzen auf Vernunft der Verbraucher

6.9.2015, 10:00 Uhr
Milchpreis: Bauern setzen auf Vernunft der Verbraucher

© Archivfoto: Leberzammer

Erwin Federlein findet zum Thema Milchpreis harte Worte: „Eine Frechheit“ nennt der Bauer aus Egersdorf die Entlohnung für das „hochwertige Nahrungsmittel“. Schuld am Einbruch des Preises sind vor allem die gesunkenen Exportzahlen: Russland fällt wegen des Importstopps komplett aus und in China steigen zwar die Absatzzahlen, doch inzwischen produziert das Land die Milch selbst.

Seit Januar setzt Federlein nicht mehr nur auf die Molkereien, sondern auch auf die Vernunft der Kunden. Auf seinem Hof steht ein Automat, an dem man Milch in mitgebrachte oder bei Federlein gekaufte Flaschen abfüllen kann. Einen Euro verlangt der Landwirt, der den Hof in dritter Generation führt, für den Liter — knapp doppelt so viel wie der Discounter. Vor allem junge Familien, die in der Umgebung wohnen, nutzten derzeit das Angebot, sagt Federlein, der sogar mit Flyern auf den Automaten aufmerksam machte.

Die Milch, soweit dies möglich ist, direkt beim Bauern zu kaufen, hält auch Jutta Saumweber für eine gute Idee. Sie ist bei der Münchner Verbraucherzentrale für die Bereiche Lebensmittel und Ernährung zuständig — und weiß, dass man als Konsument nicht viel tun kann, um den Landwirten einen höheren Ertrag zu ermöglichen. „Milchpreise sind sehr intransparent“, erklärt sie. Molkereien verkaufen die Milch meist an Discounter und Markenhersteller. Bei letzteren verdienen sie zwar, beim Bauern kommt davon aber nichts an.

„Wer will, dass die Bauern auch mitverdienen, sollte Biomilch kaufen“, empfiehlt Saumweber. Zwischen 16 und 18 Cent mehr bekommen sie pro Kilo Milch — und das wird wohl auch noch einige Zeit so bleiben: Der Markt für Bioprodukte in Deutschland wächst immer noch weiter.

Aufdrucke wie „faire Preise für die Bauern“ sind Saumweber zufolge hingegen nicht sehr aussagekräftig, da jeder damit werben kann. Lediglich die „faire Milch“, eine H-Milch im Tetrapack, ein Gemeinschaftsprojekt deutscher Milchbauern, die sich für gewisse Standards einsetzen, zahle beteiligten Landwirten mehr. Allerdings, so Saumweber, nur, wenn sie eine bestimmte Menge absetzen. Gut bezahlt werden, laut der Verbraucherzentrale, auch Bauern, die eine Molkerei in Oberbayern beliefern — Namen darf Saumweber keine nennen, da sie unabhängig arbeiten muss. Doch auch hier gibt es kein verlässliches Siegel; der Verbraucher muss auf die Angaben des Herstellers vertrauen.

Wem dies zu unsicher ist, kann zum Beispiel auch bei Wolfgang Kleinlein in Oberasbach seine Milch direkt kaufen. Auf dem Hof des Bauern, der 50 Kühe hat, steht ein Automat, aus dem die Kunden zapfen können. Seit 1994 besteht diese Möglichkeit; Kleinlein beobachtet eine stetig wachsende Nachfrage.

Aber weil auch er unzufrieden mit dem Milchpreis ist, hat er sich am Dienstag nach München aufgemacht. Mit rund 3000 Bauern, die mit mehr als 500 Traktoren angereist sind, hat er in der Münchner Innenstadt demonstriert. Die Stimmung sei gut gewesen. „Ich habe gespürt, dass ich nicht allein bin mit meinen Sorgen“.

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