Natur als phantastisches Bühnenbild

17.6.2015, 12:00 Uhr
Natur als phantastisches Bühnenbild

© Foto: Berny Meyer

Rote Klippen erheben sich aus der spiegelglatten Oberfläche. Sie scheinen zu schweben wie eine Fata Morgana. Bloß sind wir nicht in der Sandwüste, sondern mitten im Meer. Was ist das für ein heller blassgoldener Streifen, der die Felsen vom Wasser trennt? Ein Sandstrand? Nein, dafür wirkt er zu diffus. Ein Nebelstreif vielleicht? Weder noch: „Das ist das Licht der aufgehenden Sonne, das sich im Meer spiegelt“, erklärt Herwig Lewandowski. Dieser fast schon halluzinative Anblick wurde dem Maler bei der Überfahrt nach Gomera zuteil.

Doch meistens zieht es Lewandowski, Jahrgang 1936, nach Norden. Gebürtig aus Stettin, absolvierte er eine Malerlehre in Schleswig-Holstein und genoss privaten Unterricht in der Bildhauerei. Der seit den fünfziger Jahren in Nürnberg ansässig der Maler und Plastiker sucht seine Inspiration in den menschenleeren Weiten Norwegens und Spitzbergens. Dort fertigt er seine Skizzen an, die Ausarbeitung vollzieht sich dann im heimischen Atelier.

Kein Mensch verirrt sich in seine Landschaften, kein Auto, keine Hütte, keine Spur von Zivilisation. Aber auch kein Tier. Nur Felsen, Klippen, Eisberge, Wolken und unendlich weiter Himmel und Meer. Wenn auch einzelne Berge oder Wolkenformationen sich in ihrer Monumentalität präsentieren, so dominiert doch meistens der Raum zwischen den Landmarken. Etwa bei einem großformatigen Strandbild, indem die Nuancen des Blaugrau schier unmerklich vom Sand, über das Wasser in die Wolkenfetzen und den bedeckten Himmel diffundieren.

Starke Stimmung

Die Tagesstimmung entspricht meist dem frühen Morgen, wenn der Kampf zwischen Licht und Dämmerung noch nicht entschieden ist. Dann wirken die eisüberzogenen Klippen noch geisterhafter.

So könnte die Welt aussehen nach der großen Katastrophe. Oder wie einst am dritten Schöpfungstag. Herwig Lewandoswskis Landschaften wirken wie Bühnenbilder, bereit für ein Drama von kosmischen Ausmaßen.

In der Tat hatte der Künstler lange Zeit dem Phantastischen Realismus gefrönt, „aber irgendwann war dieses Thema für mich erschöpft.“ Dennoch bewahren Lewandoskis Landschaften auch jetzt noch die halluzinative Klarheit, die dem Phantastischen Realismus zu eigen ist.

Kaum Flora, keine Fauna. Wirklich nicht? Den Gegenpol zu seinen Landschaftsstilleben setzt Herwig Lewandowski in seinen kleinformatigen plastischen Arbeiten. Hier quellen und platzen stilisierte Schoten, Bohnen und Samenkapseln, perforierte Kugeln und schnörkelige muschelartige Gebilde aus Alabaster, teils in weiß wie Eierschalen, teils in rostrot, brüten vor sich hin. Die Aussaat ist gestreut, das Leben kann beginnen. Was für bizarre Pflanzen und Gewächse mögen wohl aus den extravaganten Schoten erblühen?

Die Ausstellung im Art-Kunstschaufenster im City-Center, Eingang Alexanderstraße, ist bereits eingerichtet und läuft bis 18. Juli . Geöffnet ist der Galerieraum: mittwochs, donnerstags und freitags ab 14 Uhr und nach Vereinbarung. Vernissage am 20. Juni um 17 Uhr. Bis 18. Juli

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