Ehepaar aus Gunzenhausen bei der BR-Radltour

10.8.2015, 10:00 Uhr
Ehepaar aus Gunzenhausen bei der BR-Radltour

© Privat

Altmühl-Bote: Wie fühlen Sie sich?

Thomas Schneider: Super. Absolut super. Vor einer halben Stunde war ich noch fix und fertig nach einer weiteren Hitzeschlacht. Aber jetzt überwiegt schon wieder die Euphorie. Wir hatten eine Wahnsinnstour und heute einen grandiosen Empfang in Mellrichstadt. Von Beginn an, also seit wir am Montag in Weilheim gestartet sind, werden wir von einer Woge der Begeisterung getragen. Die Leute stehen am Straßenrand und klatschen und feuern uns an, Blaskapellen spielen, bei der Hitze bespritzen sie uns mit Wasser. Und wenn man abends am Etappenziel ankommt und von jubelnden Menschen empfangen wird, da bekomm ich eine Gänsehaut, wenn ich nur dran denke. Da kommst du dir vor wie bei der Tour de France.

485 Kilometer in sechs Tagen, das ist ja auch nicht gerade ein Pappenstiel. Wie reagiert da der Körper, haben Sie Muskelkater?

Thomas Schneider: Unerwarteterweise gar nicht. Wenn man in der Früh in den Sattel steigt, das drückt ein bisschen, aber Muskeln und Knochen halten bei meiner Frau und mir gut. Für kleinere Blessuren hat man ja seine Cremes dabei. Wenn etwas Größeres passiert, fahren Rettungswagen mit, die sich um die Leute kümmern. Bei der Hitze waren die Ärzte und Sanitäter diesmal schon ganz massiv gefordert. Es mussten auch einige Leute aufgeben. Für diesen Fall fährt hinter dem Fahrradtross ein großer Reisebus mit, da kann sich jeder reinsetzen. Um die Räder kümmert sich das THW, das auch das Gepäck transportiert.

Es ist ja sicher auch nicht ganz ungefährlich, in so einem großen Pulk mitzufahren?

Thomas Schneider: Die Fahrradschlange war bis zu sieben Kilometer lang. In der Regel fahren vier bis fünf Räder nebeneinander her, und das mit einem Wahnsinnstempo. Da muss man sich irre konzentrieren. Bei der Etappe durch unseren Landkreis beispielsweise hatten wir am Ende einen Schnitt von 22 Kilometern. Und dabei war das von den Anstiegen her das anspruchsvollste Teilstück.

Vorne, Mitte, hinten: Hat man mit der Zeit einen Lieblingsplatz im Tross?

Thomas Schneider: Wir halten uns immer im Mittelfeld auf. Die Radler im vorderen Teil haben ein ganz anderes Tempo. In der Mitte fühlen wir uns wohl.
Wie funktioniert das denn in so einem Riesenfeld mit der Gruppendynamik?
Thomas Schneider: Spätestens nach dem zweiten Tag sind alle per Du. Das Fahrerfeld ist wie eine riesengroße Familie. Das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Herzlichkeit sind echt schön.

Sich mit 1199 anderen Menschen auf einen Radausflug zu begeben, das stelle ich mir tierisch anstrengend vor. Wie kommt man bloß freiwillig auf so eine Idee?

Thomas Schneider: Weil man gerne radelt. Man hört immer so viel von dieser Tour, und dass es so toll ist. Das wollten wir einfach mal erleben. Und es ist tatsächlich supertoll. Man kommt ständig mit wildfremden Menschen ins Gespräch und man schließt Freundschaften. Wir haben uns mit einem Ehepaar aus der Eichstätter Ecke angefreundet, sind immer zusammen geradelt und haben uns abends zusammengesetzt. Man muss allerdings auch bereit sein, ein paar Abstriche zu machen. Wir schlafen ja zum Beispiel in Turnhallen, das muss man mögen. Hier schnarcht einer, da flüstern noch welche, Spätheimkehrer finden ihre Matratze nicht, manche müssen noch mal austreten.

Ist da nicht eine fürchterliche Unruhe in so einer Halle voller Menschen? Kann man da überhaupt schlafen?

Thomas Schneider: Man ist ja wesentlich erschöpfter durch den anstrengenden Tag, da schläft man in der Regel schon. Wenn nicht, dann nimmst du halt Oropax. Spätestens um 5.30 Uhr, wenn die Ersten aufstehen, ist die Nacht allerdings auch schon wieder vorbei.

Wenn man dann abends am Etappenort ankommt, beginnt also erst einmal der Kampf um die Matratze?

Thomas Schneider: Nein, nein, das ist alles gut organisiert. Es kommen ja auch nicht alle auf einmal an. Am Eingang zur Turnhalle muss jeder seine Eintrittsgenehmigung vorweisen, damit auch wirklich nur die Mitfahrer in die Halle kommen. Dein Name wird abgestempelt. Dann musst du dir eine Matratze suchen, danach noch das Gepäck, das vom THW in einer Ecke abgestellt wird.
Danach kann jeder machen, wonach ihm der Kopf steht. Manche wollen als Erstes unter die Dusche, andere gehen ins Freibad – dort haben die Radler jeden Abend freien Eintritt. Manchmal lockt ein Biergarten oder man geht zum Veranstaltungsort, wo eine Band auftritt. Es gibt ja abends immer Programm, da verhockst du dich schnell, und eh du dich versiehst, ist es schon wieder Mitternacht.

Dass ich am Zielort nichts Gescheites mehr zu essen bekomme, das wäre meine größte Sorge. Wie ist das denn geregelt, gibt es da eine Art BR-Kantine oder muss sich jeder selber um seine Verpflegung kümmern?

Thomas Schneider: Das Essen ist im Preis nicht mit inbegriffen, es gibt morgens und abends bestimmte Angebote, wo man mit Sicherheit etwas bekommt, aber die muss man nicht wahrnehmen. Mittags wird im Pausenort ein Catering aufgebaut, das sind fast immer Nudelgerichte. Klar, man muss halt viel anstehen, aber das ist nicht so schlimm. Toll war die Mittagsrast am Donnerstag in Veitsbronn. Die hatten das Freibad für uns reserviert. Das war eine Riesengaudi.

Wenn man bei der BR-Radltour mitfahren will, wie funktioniert das? Kann man einfach zum Auftaktort kommen und mitfahren oder muss man sich anmelden?

Thomas Schneider: Man muss sich sogar bewerben. Bei uns hat es erst im dritten Anlauf geklappt. Wir hatten schon einmal eine Zusage für die Tour, bei der Gunzenhausen das Ziel der Schlussetappe war, aber da bin ich leider gesundheitlich ausgefallen. Das war ganz schlimm für uns. Letztes Jahr gab’s eine Absage. Umso schöner war es, dass das heuer geklappt hat.

Ehepaar aus Gunzenhausen bei der BR-Radltour

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Auf was freut ihr Euch jetzt am meisten?

Thomas Schneider: (ruft die Frage seiner Frau zu) Die Gudrun auf ihr Bett. Ich freu mich darauf, dass wir gleich weiter in den Urlaub fahren. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das wird, plötzlich wieder allein zu sein. Am meisten freu ich mich aber darüber, dass wir gesund heimkommen und dass es uns so gefallen hat, wie wir uns das erhofft haben.

Das Interview führte MARIANNE NATALIS.

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