Geplante Hochwasserschutzmauer in Gunzenhausen

15.6.2015, 07:00 Uhr
Geplante Hochwasserschutzmauer in Gunzenhausen

© Marianne Natalis

Und ein solches würde Thomas Luger auf jeden Fall unterstützen. Denn von dem vom Ansbacher Wasserwirtschaftsamt angestrebten Schutz für die Marktplatzanlieger vor einem möglichen Jahrhunderthochwasser in Form einer Mauer hält der Juwelier nämlich gar nichts. Vielmehr sorgt er sich gerade wegen des steinernen Bollwerks um die Substanz seines Anwesens, das immerhin aus dem 16. Jahrhundert stammt.

Damals floss die Altmühl noch direkt an der Stadt vorbei. Die Häuser wurden nach Lugers Worten quasi auf Wasser gebaut und mit dicken Eichenstämmen im Boden verankert. Heute ist der Grundwasserspiegel weit abgesackt, allein in den vergangenen 15 Jahren laut Harald Braun um 70 Zentimeter auf etwa 1,40 Meter unter der Oberfläche. Für die alten Häuser – das des Fotomeisters stammt aus dem Jahr 1749 – hat die Austrocknung des ursprünglichen Schwemmlands der Altmühl katastrophale Folgen: Sie sacken ab, was tiefe Risse im Mauerwerk zur Folge hat. Bis zu zwei Meter tief soll die geplante Mauer im Boden verankert werden. Sowohl Luger als auch Braun befürchten hier weitere schwerwiegende Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel und somit die Standfestigkeit ihrer Häuser.

Die Notwendigkeit eines Hochwasserschutzes wird von den Grünen nicht in Frage gestellt. „Wir predigen seit Jahrzehnten den Klimawandel“, so Schnell, Gunzenhausen werde da nicht verschont werden. Schnell und seine Mitstreiter bezweifeln aber, dass es einer so dauerhafte Lösung wie einer Mauer bedarf und das aus mehreren Gründen. Zum einen sei das Fränkische Seenland sehr wohl auch mit Blick darauf entstanden, die Hochwasser der Altmühl im Frühjahr und Herbst in den wasserarmen Norden überzuleiten. Außerdem geht für Schnell die Rechnung des Wasserwirtschaftsamts bezüglich der Vorwarnzeit von nur vier Stunden nicht auf. Die Altmühl sei ja nun kein reißender Strom, ein Hochwasser komme hier nicht plötzlich und unerwartet, vielmehr lasse es sich in der Regel über Tage absehen.

Zeit genug also, um einen mobilen Deich zu errichten. Die Firma, mit der Peter Schnell Kontakt aufgenommen hat, ist nach seinen Worten gerne bereit, ihr System einmal in den Altmühlauen vorzustellen und 100 Meter ihres Produkts aufzubauen. Dass die Schläuche durch herumschwimmendes Treibgut beschädigt werden könnten, hält Stadträtin Helga Betz für sehr unwahrscheinlich. Größere Äste oder gar Bäume würden ja wohl am Auslauf des Altmühlsees hängen bleiben.

Diese mobilen Deiche seien nicht überspülungssicher, das war ein wichtiges Argument des Wasserwirtschafts­amts gegen das System. Schnell tut das als „ausgemachten Blödsinn“ ab. Das Wasserwirtschaftsamt wäre seiner Meinung nach „gut beraten“ gewesen, mit der Firma direkt Kontakt aufzunehmen.
Warum die Ansbacher Behörde so starr an der Mauerlösung festhält, kann sich Schnell nur damit erklären, dass es wohl „die einfachste und schnellste“ Lösung ist. Dabei funktionieren mobile Systeme doch auch anderswo. Köln, Regensburg oder Passau sind weitaus gefährdeter und „bauen auch keine Riesenmauer hin“, so Braun.

Beim letzten großen Hochwasser im Jahr 1988, erinnert sich Luger, reichte das Wasser bis an seine Gartenpforte und weiter nicht. Und auch davor kann sich der Juwelier an keinen Fall erinnern, wo er Altmühlwasser im Keller – sein Haus ist eines der wenigen Marktplatzanwesen, die unterkellert sind – stehen hatte. Ein wirklich dringliches Problem dagegen sei das Wasser, das bei Starkregen von Marktplatzseite in die Häuser drückt, betonten sowohl Luger als auch Braun unisono. Die Maßnahmen, die hier Abhilfe schaffen sollen, sind ja bereits beschlossen und werden auch im Stadtrat von keiner Fraktion in Frage gestellt.
Neben der Sorge um ihre Häuser und den hohen Kosten treiben Luger, Braun und die Grünen auch ästhetische Bedenken um. Der Fotomeister ist überzeugt, dass sich die Trennlinie, die zwischen Promenade und Altmühlauen hochgezogen werden soll „nicht gestalterisch“ wegretuschieren lassen wird. Und „unschön“ ist noch das gefälligste Wort, welches dem Juwelier in Verbindung mit der Mauer einfällt. Peter Schnell geht mittlerweile schon die Hutschnur hoch, wenn er nur das Wort „gestalten“ hört, für den pensionierten Lehrer hat die Wiese als Lebensraum für Tiere und Pflanzen Wert an sich, den man genießen könnte. Allenfalls eine Naturbühne wäre nach seiner Meinung ein Gewinn, um diesen wunderbaren Erholungsbereich direkt neben der Innenstadt auch für kulturelle Zwecke nutzen zu können.

Nicht nachvollziehen kann Schnell die Überraschung von Bürgermeister Karl-Heinz Fitz angesichts des derzeitigen Widerstands gegen das Projekt. Die Grünen beispielsweise hätten von Anfang an deutlich gemacht, dass sie diese Mauer verhindern wollen und auch im Stadtrat sei die Ablehnung anfänglich groß gewesen.

Schnell hofft, dass der Stadtrat nun die „Chuzpe“ hat, dem „höchsten Souverän“ in dieser Sache die Entscheidung zu überlassen. Voraussichtlich Ende Juni wird das Gremium über den Antrag der Grünen, den Bürger via Ratsbegehren um seine Meinung zu fragen, entscheiden. Im Falle einer Ablehnung rechnet Schnell fest mit einem Bürgerbegehren.

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