Im Schockraum sitzt jeder Handgriff

14.7.2015, 09:35 Uhr
Im Schockraum sitzt jeder Handgriff

© Marianne Natalis

Das ist auch nicht weiter verwunderlich, ist Alexander im Gegensatz zu den anderen Patienten doch freiwillig hier. Er hat sich als Demonstrationsobjekt zur Verfügung gestellt, denn unter dem Motto „Heute zeigen’s wir Ihnen“ hat das Klinikum Altmühlfranken Gunzenhausen Vertreter des Stadtrats, der Wirtschaftjunioren und des Industrie- und Handelsgremiums eingeladen, um sie über die „hochwertige Versorgung“ (Klinikvorstand Jürgen Winter), die die beiden Krankenhäuser in Gunzenhausen und Weißenburg bieten, zu informieren. „Sie sind wichtige Multiplikatoren“, legt Landrat Gerhard Wägemann den Gästen ans Herz, denn „draußen“ wüssten viele oft nicht, welch „hohe Qualität“ in den beiden Häusern geboten werde.
Mit multiresistenten Keimen und verdreckten OP-Bestecken waren Krankenhäuser in der Vergangenheit immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Man habe, so Winter bei der Begrüßung der Gäste, den Eindruck gewinnen können, mit den deutschen Kliniken sei es nicht weit her. „Wir sehen das anders“, macht Winter klar und meint damit nicht nur das Klinikum Altmühlfranken, sondern alle in der Klinik-Kompetenz Bayern organisierten Einrichtungen. Im Rahmen der „Offensive Q“ geht es nicht nur darum, zu demonstrieren, wie ernst am Reutberg die Hygiene genommen wird. Vielmehr wollen die Verantwortlichen auch zeigen, welchen Stellenwert die ortsnahe Versorgung im Notfall hat.
Deshalb dürfen die Besucher heute in Bereiche hineinschnuppern, die normalerweise versperrt sind. Sie erfahren, mit welchem Aufwand das OP-Besteck in der Zentralsterilisation gereinigt wird, bekommen zu sehen, wie im Schockraum ein Notfallpatient versorgt wird, und erhalten im Herzkatheterlabor eine kardiologische Präsentation. Zunächst aber informiert Hygienefachkraft Roswitha Herrmann über das Hygienemanagement der Klinik, dessen oberstes Ziel natürlich die Verhütung von Infektionen ist. Bis ins Kleinste ist in den Plänen festgehalten, wer welche Aufgabe hat, von der Reinigungskraft bis zum Chefarzt kann sich niemand aus der Hygienekette ausklinken.
Einen ganz wichtigen Bestandteil lernen die Besucher hautnah kennen, bevor sie Zugang in die „Steri“ bekommen: Die Hände müssen desinfiziert werden. Behälter mit entsprechenden Mitteln stehen im Krankenhaus überall bereit. Mit einmal kurz Einreiben ist es nicht getan, 30 Sekunden lang muss die Flüssigkeit auf den Händen verteilt werden.
Alle Gerätschaften, die bei einer Operation zum Einsatz kommen, landen kurze Zeit später in der Sterilisation, und zwar auf der sogenannten „unreinen“ Seite dieser Abteilung. Blutverschmiert und nicht selten noch mit Geweberückständen, werden die Zangen, Scheren, Skalpelle und anderes zunächst mit kaltem Wasser gespült, damit keine Eiweißrückstände haften bleiben. Anna-Silke Geidner (OP-Leitung), streng nach Vorschrift zu ihrem eigenen Schutz mit Haube und Mundschutz, Plastikschürze und Handschuhen ausgestattet, erklärt den Besuchern die einzelnen Schritte der Sterilisation.
Mit „Chemie, Zeit, Temperatur und Druck“ wird dort gearbeitet. Nach drei Stunden ist das Gerät, mittlerweile auf der „reinen Seite“ der Abteilung, wieder einsatzbereit. Bevor die Besucher allerdings hier die weiteren Schritte verfolgen dürfen, heißt es auch für sie Häubchen, Schuhschutz und Einwegschutzkleidung anziehen. Und natürlich darf die erneute Desinfektion der Hände nicht fehlen.
„Action“ ist im Anschluss  in der Notaufnahme angesagt. Das „große Schockraumteam“ wartet dort auf einen angekündigten Traumapatienten, erläutert Oberarzt Dr. Martin Scharrer den Gästen. Einen solchen Aufwand gibt es „für einen eingeklemmten Finger“ natürlich nicht, betont er. Christine Puff gibt an diesem Tag die Notärztin und fährt Alexander in den Schockraum. Ruckzuck ist der junge Mann aus Hainsfarth umgebettet, an die wichtigsten Geräte angeschlossen und Oberarzt Dr. Markus Hölzer kann mit der manuellen Untersuchung beginnen. Mit Ultraschall, Röntgenapparat und Computertomographie stehen zudem wichtige Geräte zur weiteren Diagnose bereit.
Das Klinikum Altmühlfranken ist zertifiziertes regionales Traumazentrum, laut Winter das einzige in Nordbayern in seiner Größe. Eingebettet in das Trauma-Netzwerk Mittelfranken, steht das Haus am Reutberg mit der Uni Erlangen in Verbindung. Hat die Erkrankung des Patienten etwa eine neurologische Ursache, so können dort von einem entsprechenden Fachmann die CT-Bilder ausgewertet werden.
Bei Verdacht auf Schlaganfall geht es in die sogenannte „Stroke Unit“. Über eine solche Schlaganfallstation verfügt auch das Haus in Weißenburg. Bei einem Infarkt steht im zweiten Stock das Herzkatheterlabor bereit. Dort erläutert Oberarzt Gereon Reuter den Gästen die kardiologische Untersuchung.

Im Schockraum wird derweil schon wieder ein Patient eingeliefert, die Notärztin schiebt eilig die Trage ins Zimmer. In die bereitstehende Ärzte und Krankenpflegerinnen kommt Bewegung, jetzt muss es schnell gehen. Für den Patienten ein echtes Déjà-vu: Es ist Alexander, der auch für die zweite Gruppe das Unfallopfer mimt.

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