Keine Scheu vor Menschen

6.6.2015, 13:00 Uhr
Keine Scheu vor Menschen

© Patrick Shaw

Die Nistplatzwahl ist deshalb ungewöhnlich, weil die Rabenvögel mit den markanten, blau-schwarz gestreiften Flügeln ihre Nester normalerweise nur selten an Gebäuden bauen und erst recht keine Nistkästen nutzen. Sie bevorzugen Wälder oder das Dickicht großer Büsche. Dass das Häher-Paar bei den Mikschiks seine vier Küken mitten in einem Wohngebiet gut sichtbar unterm Vordach neben der Haustür aufzieht, zeugt von wenig Scheu vor dem Menschen.

Dessen Verhältnis zum Eichelhäher ist ein zwiespältiges. So wurden die intelligenten Allesfresser früher wegen ihres schlechten Rufs als Schädling und Nesträuber gejagt und örtlich fast ausgerottet. Bis in die 1970er-Jahre erholte sich die Population, und die Vögel besiedelten zunehmend auch Städte. Dieser Trend ist inzwischen ebenfalls wieder abgeklungen und der Eichelhäher ist in seine ursprünglichen Lebensräume zurückgekehrt.

Dort bedient er sich tatsächlich bisweilen an Mais- und Buchweizenfeldern oder erbeutet gelegentlich Nestlinge. Seine Hauptnahrung sind aber Eicheln, Bucheckern, Nüsse und Beeren. Bis zu zehn Eicheln kann ein Vogel im Kehlsack transportieren, und da er seine vergrabenen Wintervorräte oft nicht vollständig nutzt, sorgt er nicht zuletzt für die Aussaat zahlreicher Baumarten.
Seine Jungen füttert der Eichelhäher zusätzlich mit Raupen und Käfern, manchmal auch mit Mäusen und Eidechsen. Vereinzelt gibt es sogar Berichte über Vögel, die Goldfische in Gartenteichen als leichte Beute entdeckt haben. Klebrige Nahrung und behaarte Insekten verschmäht der Feinschmecker dagegen.

Seine Intelligenz beweist der Eichelhäher auch durch sein Talent, andere Vogelstimmen meisterlich zu imitieren. Selbst Experten gehen ihm bisweilen auf den Leim. Fühlt er sich bedroht, ist sein rauer Alarmruf nicht zu überhören, der ihm den Bei­namen „Markwart“ oder „Herold“ eingebracht hat. Die gefiederten Untermieter der Mikschiks, deren Nachwuchs nun bald flügge ist, sind jedoch vorbildliche Gäste und „absolut leise und reinlich“.

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