Noch besser leben ohne Plastik

24.10.2017, 18:14 Uhr
Noch besser leben ohne Plastik

© dpa

Im Konzertsaal der Käthe-Zang-Sing-undMusikschule ist heute Abend kaum noch ein Platz frei – und das, obwohl es Montag ist. "Ich begrüße die zahlreichen umweltbewussten Gäste, die heute gekommen sind", sagt Oliver Kundler, Leiter der Volkshochschule Herzogenaurach und übergibt das Wort an die Referentin Nadine Schubert. Die 36-jährige Journalistin aus Neuschleichach im Steigerwald ist strikt, wenn es um Plastik geht. Sie benutzt kein Mikrofon für ihren Vortrag und auch das Wasser in der Plastikflasche, das ihr zu Beginn der Veranstaltung angeboten wird, lehnt sie ab. "Bei meiner Anreise bin ich an Puma und adidas vorbeigefahren und dachte mir: Hier bin ich ja quasi in der Hochburg des Plastik. Früher habe ich viel Sport gemacht und selbst gerne in diesen Geschäften eingekauft."

Doch heute ist das anders. Nadine Schubert lebt seit vier Jahren fast komplett ohne Plastik. "Ich habe damals eine Reportage gesehen und war geschockt", erzählt die zweifache Mutter. 140 Millionen Tonnen Plastik schwimmen im Meer und jedes Jahr kommen weitere acht Millionen Tonnen dazu. Eine Million Seevögel sterben jedes Jahr, weil sie Plastikmüll fressen. Zahlen, unter denen man sich nur schwer etwas vorstellen kann. Im Jahr produziert ein Deutscher im Schnitt 36 Kilogramm Plastik. "Und das Zeug wiegt ja nichts", so Schubert. "Stellen Sie sich jetzt mal einen Haushalt mit vier Leuten vor. Mit dem Müll, der da produziert wird, können Sie ein ganzes Haus füllen." Es sind also unglaubliche Mengen, mit der die Menschen die Umwelt jedes Jahr verschmutzen.

Plastik wird aus Erdöl hergestellt, doch vor allem Zusatzstoffe wie Weichmacher sind es, die krank machen. Denn sie gelangen zwangsläufig ins Essen, wenn dieses in Plastik eingepackt ist. Deshalb geht Schubert nur noch mit Stofftasche und ihren eigenen Behältern einkaufen. Und das funktioniert gut, wenn man sich mal daran gewöhnt hat, erzählt sie. "Ich bin der Meinung, man muss gar nicht woanders einkaufen. Nur andere Produkte." Milch, Joghurt und viele andere Lebensmittel gibt es nämlich nicht nur in Kartons oder in der Dose, sondern auch im Glas. Von ihrem lokalen Bäcker bekommt sie Backzutaten wie Salz und Pfeffer, gemahlene Nüsse und Mandeln – also Dinge, die man sonst nur mit Plastikverpackung kaufen könnte. Ihr Blumenhändler betreibt auch einen Obst- und Gemüsestand, bei ihm kauft sie saisonale frische Lebensmittel und an der Wurst- und Käsetheke lässt sie sich das Essen direkt in eine von ihr mitgebrachte Box einpacken. "Es ist ein Gerücht, dass plastikfreies Einkaufen nur etwas für Besserverdiener ist. Ich spare sogar viel Geld, weil ich jetzt nur noch das kaufe, was wir auch wirklich brauchen", erklärt Schubert.

Eis aus der Waffel

"Aber was ist denn zum Beispiel mit Eis? Das gibt es ja gar nicht ohne Plastik-Verpackung!", fragt ein Zuhörer. "Ganz einfach, das Eis müssen Sie sich abgewöhnen", entgegnet Schubert. "Ist auch besser für die Figur. Nein im Ernst, bei uns gibt es eben Eis in der Waffel von der Eisdiele." Auch das Umsteigen auf Glasflaschen empfiehlt sie ihren Zuhörern in Herzogenaurach. Denn entgegen der Meinung vieler, Pfandflaschen würden wieder verwendet, werden PET-Flaschen meist zu Polyesterfasern verarbeitet. Aus denen wird dann in Asien ein Pullover oder ein anderes Kleidungsstück genäht, das am Ende wieder bei uns landet – wenn es bei KiK für 9,99 Euro verkauft wird. "Und das ist für KiK noch teuer", murmelt jemand aus dem Publikum.

Auch für Kosmetikprodukte und Haushaltsartikel aus der Drogerie, die in Plastikbehältern verpackt sind, hat sie Alternativen: Sie macht nämlich so gut wie alles selbst. Waschmittel aus Kastanien, Wimperntusche aus Aktivkohle und Bodylotion aus Olivenöl – für alles hat sie ein natürliches Rezept entwickelt. In ihrem neuen Buch "Noch besser leben ohne Plastik" sind viele dieser Rezepte, aber auch Fakten und Einkaufstipps zusammengefasst. Es ist bereits ihre zweite Veröffentlichung nach "Besser leben ohne Plastik", das sogar auf der Spiegel-Bestsellerliste landete.

Mit ihrem fränkischen Dialekt und ihrem trockenen Humor bietet Nadine Schubert den Herzogenaurachern einen informativen und gleichzeitig unterhaltsamen Abend. "Ich hoffe Sie fangen gleich morgen an, meine Tipps zu befolgen", endet sie ihren Vortrag. "Denn irgendjemand muss ja mal damit beginnen."

Als die Autorin ihre Workshops erwähnt, in denen sie ihre Rezepte zusammen mit den Teilnehmern ausprobiert, werden die Besucher hellhörig. So greift Kundler die Idee am Ende der Veranstaltung gleich auf und verspricht, einen solchen Workshop in Herzogenaurach zu planen. Die Gäste scheinen jedenfalls begeistert und die Mindestanzahl von 15 Teilnehmern stellt hier sicher kein Problem dar.

ZDas Buch "Noch besser leben ohne Plastik" von Nadine Schubert gibt es beim oekom Verlag für 13 Euro.

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