Von "Spinnern" spricht keiner mehr

23.6.2015, 14:00 Uhr
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© Fotos: Niko Spörlein

Von Anfang an dabei war längst nicht nur der Leiter der Laufer Mühle, der Diplom-Sozialpädagoge Michael Thiem, auch beispielsweise die Krankenschwester Inge Weber aus Rüssenbach kennt die Anfänge seit Januar 1990. Unter den ersten Bewohnern waren etwa Angelika Schäfer aus Kronach und Helga Zeitler aus Bamberg. Beide sind heute noch in der Laufer Mühle und längst im gesellschaftlichen Leben der Gemeinde angekommen. „Und beide sind seit 25 Jahren trocken, trinken seither keinen Tropfen Alkohol mehr“, meinte Thiem beim gemeinsamen Abendessen im Speisezimmer des Hauses Benedikt.

Jenes Zimmer war vor 25 Jahren der Mittelpunkt der Einrichtung. Heute wird das Wohnhaus der früheren Besitzerfamilie, der Familie Messner, als Wohngruppe für ältere Menschen genutzt, in der jeder sein Zimmer hat und im Wohnzimmer im Erdgeschoss wird sich zum gemütlichen Plausch getroffen.

Die außergewöhnliche Erfolgsbilanz der Einrichtung lässt sich in Zahlen fassen: Vor 25 Jahren arbeiteten fünf Mitarbeiter in der Laufer Mühle, 28 Therapieplätze konnte man damals anbieten. Die Mitarbeiter setzten damals auf ein Therapiekonzept, das auf einem einzigen Standort basierte. Ein Vierteljahrhundert später ist Michael Thiem jedoch der Chef von 150 Mitarbeitern an acht Standorten, die Laufer Mühle hat mittlerweile 130 Betreuungs- und Therapieplätze.

Schaute man beim Festabend am Freitag in die Chroniken der Laufer Mühle, so sah man, dass das Mühlenanwesen, welches am 24. August 1372 erstmals urkundlich erwähnt worden war, 1990 von der gemeinnützigen Gesellschaft „Daytop“ (SECA) aus München erworben wurde, mit der Absicht, ein Fachkrankenhaus für alkoholabhängige Menschen einzurichten. Schon damals galt das Prinzip der „Hilfe zur Selbsthilfe“. Bald öffnete man sich auch für chronisch Medikamenten- und Drogenabhängige mit Mehrfachabhängigkeit.

Tiere gehören dazu

Auch der Grundsatz der naturnahen Betreuung gilt heute noch, denn zum großen Gehöft und zum Alltag der Menschen gehören Schafe, Ziegen, Hasen, Gänse und Schweine.

Im August 1992 schaute der ganze Landkreis Richtung Adelsdorf, denn in der Laufer Mühle wurde das erste alkoholfreie Sommerfest gefeiert – und es stieß auf ungeahntes Interesse. Eigentlich wuchs schon bei diesem Fest der Wunsch, einen Förderverein ins Leben zu rufen, der dann unter der Mitwirkung des Sparkassenleiters Detlev Schmidt und des damaligen Bürgermeisters Ewald Münch auch gegründet wurde. In der Folgezeit besuchten hochrangige Politiker die Laufer Mühle und die bekamen ebenfalls mit, dass schon 1993 das erste suchtfreie Kleinkunstfestival über die Bühne ging. Alles Aktionen und Veranstaltungen, die Michael Thiem ins Leben rief.

Bereits nach drei Jahren wurde die erste Außenwohngruppe der Einrichtung für zehn Bewohner im Ortsteil Neuhaus eröffnet. In der Laufer Mühle wurde die gängige Meinung widerlegt, dass schwerst suchtkranke Menschen für immer hinter den dicken Mauern der Psychiatrie versteckt werden sollten. Ursprünglich als „weltfremde Spinner“ abgetan, genießen die Therapeuten, die vielen Fachkräfte und Handwerksmeister der Einrichtung mittlerweile über die Grenzen der Region hinweg einen ganz besonderen Ruf.

„Wir betreuen derzeit über 500 Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen“, sagte Thiem bei dem Hoffest am Freitag, das von außergewöhnlich vielen Gästen für einen Rundgang durch die Einrichtung genutzt wurde. Und Thiem versäumte es nicht, sich bei den Adelsdorfern und den Nachbarn der Laufer Mühle zu bedanken: „Das ist echte Integration, das ist gelebte Nächstenliebe.“

Bürgermeister Karsten Fischkal sagte als einer der zahllosen Gratulanten, dass er nun schon seit acht Jahren die durchwegs erfreuliche Entwicklung der Therapieeinrichtung beobachte. Fischkal überzeugte sich bei der Geburtstagsfeier unter anderem von den Arbeiten in der Schreinerei, die von der Schreinermeisterin Valeska Lorenz geleitet wird. Zudem wurde der Bürgermeister von Metallbaumeister Günter Münch, der am Freitag auch für das Brutzeln des Spanferkels zuständig war, durch die Werkstatt geführt.

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