Weite Kreise ziehen

13.11.2015, 16:50 Uhr
Weite Kreise ziehen

© F.: Pfrogner

„Ich wollte schon immer einmal humanitäre Hilfe leisten“, sagt Doris Ebert (48). „Denn wenn man selbst etwas tut, weiß man, dass es auch ankommt. Und ich habe einen Job, mit dem ich direkte Hilfe leisten kann.“

Die gebürtige Kronacherin hat in Erlangen studiert und war als Ärztin in Bad Kissingen und Kulmbach sowie als Oberärztin in Kronach und Ansbach tätig. 2005 hat Doris Ebert sich mit einer Gemeinschaftspraxis in Herzogenaurach niedergelassen, seit 2009 führt sie die Praxis alleine. Sie ist verheiratet und hat einen 17-jährigen Sohn. Ihre Familie steht voll hinter ihrem Engagement, wie die Gynäkologin erzählt.

Bereits vor vier Jahren hat Doris Ebert bei einem Kongress in Düsseldorf von „Target“ erfahren; damals liefen gerade die Planungen für eine Klinik in Äthiopien, welche die mobile Geburtsstation ersetzen sollte. „Dort in der Danakilwüste leben Halbnomaden, die Afar, bei denen 80 bis 90 Prozent der Frauen beschnitten sind. Es herrscht eine hohe Sterblichkeit bei Müttern und Kindern, und es gibt viele Probleme bei den Geburten“, weiß Doris Ebert.

Doch es dauerte noch bis Juni dieses Jahres, bis die Klinik aus Spendengeldern tatsächlich gebaut und eröffnet werden konnte. Seitdem sind immer zwei Gynäkologen aus Deutschland vor Ort, die das einheimische Personal unterstützen, anleiten und ausbilden — und das leisten die Ärzte aus Deutschland ehrenamtlich.

Hände und Kopf gebrauchen

Doris Ebert macht sich Mitte Januar für sechs Wochen — das ist die Mindest-Aufenthaltsdauer — auf den Weg nach Äthiopien. Länger kann sie ihre eigene Praxis in Herzogenaurach nicht alleine lassen. Aber sie könne sich durchaus vorstellen, später vielleicht auch mal dauerhaft nach Afrika zu gehen, um dort mit anzupacken. „Ich freue mich auf die Herausforderung“, sagt die 48-Jährige. „Dort gibt es ja kein ,Hightech‘ und keine Computer, man muss Hände und Kopf gebrauchen.“ Auch „ein gewisses Maß an Ruhe und Gelassenheit“ sei sicher vonnöten. Mit ihr fliegt übrigens noch eine Freundin, eine Intensivschwester aus Höchstadt, nach Afrika.

In der Klinik wird Doris Ebert den Frauen — egal, ob schwanger oder nicht — als Gynäkologin in Sprechstunden zur Verfügung stehen. „Ich erwarte, dass ich dort auch mit Beschneidungsopfern zu tun haben werde“, so die Herzogenauracherin. Bei Geburten werde man selbstverständlich nicht dem Ritus folgen, nach dem Frauen nach der Geburt wieder zugenäht werden. „Die Afar sollen hier in Ruhe und Geborgenheit ihre Kinder bekommen dürfen.“

Außerdem sei Aufklärung in Sachen Beschneidung ein wichtiger Punkt. Die Gründer von „Target“, Annette und Rüdiger Nehberg, haben es schon geschafft, dass führende muslimische Gelehrte die weibliche Genitalverstümmelung geächtet und als unvereinbar mit dem Islam erklärt haben. „Dennoch ist die Dunkelziffer nach wie vor hoch“, so Doris Ebert.

Sie hofft, in Äthiopien einen Beitrag leisten zu können. „Ich möchte die Einheimischen mit meinen Händen und meiner Erfahrung unterstützen und ihnen etwas mit auf den Weg geben. Vielleicht kann ich sein wie ein Stein, der ins Wasser fällt und dort weite Kreise zieht.“

www.target-nehberg.de

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