Aufgedreht und überdreht ins weiße Rössl

8.12.2015, 17:20 Uhr
Aufgedreht und überdreht ins weiße Rössl

© Foto: Juliane Zitzlsperger

Keine Rede mehr von der treudeutschen und -doofen Filmversion mit Peter Alexander und Waltraud Haas: Regisseur und „Rössl“-Spezialist Thomas Enzinger hat die Operette als Revue im Kopf, was sie auch 1930 bei ihrer Uraufführung war: damals mit 3000 Zuschauern pro Vorstellung und das en suite, war es keine Heimatschnulze aus dem Salzburgischen, sondern eine Revue für Berliner in Berlin – und für den beginnenden Massentourismus. Deren zweieinhalb Stunden ziehen wie im Flug vorüber, wenn Enzinger seinen Gag-Rucksack aufmacht.

Aber der „Zahlkellner“, der ist der wichtigste Erfolgsgarant für diesen herrlichen Theaterspaß zwischen Komik, Karikatur, Kitsch und Kalauern. 2013 hatte Nürnberg Volker Heißmann als Komiker-Coup aus Fürth auf dem Besetzungszettel, den übertrumpft Regensburg aber um Längen: mit „Wölbi“.

Herrlich vertrottelt

Der ist ein echter Österreicher, zudem ein veritabler, seriöser und einschmeichelnd singender Bariton (sonst in „Cosi fan tutte“ zu hören), ein herrlich vertrottelter Liebhaber und Charmeur, dem die Herzen zufliegen. Zwar nicht das der Rößl-Wirtin Vogelhuber, aber schon der Damen an der Kasse („Unser Wölbi“).

Matthias Wölbtisch heißt er in Wirklichkeit, und in einer insgesamt sehr stimmigen Besetzung kann ihm nur der Berliner Giesecke das Wasser reichen: Den spielt Doris Dubiel ganz köstlich, berlinert waschecht und mit knallhart treffenden Pointen über die „Yetis vom Wolfgangsee“. Das Witzetempo der Aufführung bleibt unvermindert hoch, unter den Sternen überm Schafberg toben die Gefühle, und das Philharmonische Orchester unter Tom Woods schmalzt geschmeidig mit.

„So kräht noch nicht mal mein Wasserhahn“, mosert Giesecke in Lederhosen: bis in den morgendlichen Hahnenschrei ist diese Rössl-Revue gestylt, das Paprikahendl fliegt als Mittagstisch über die Bühne wie die Koffer der Touristen. Enzinger gibt auch die Devise aus: Sex sells, und schickt eine verjodelte Unterwäsche-Schau über die Bühne, die selbst den vertrottelten Tuba-Spieler (Mert Öztaner) umhaut.

Man kann sich zur Pause kaum vorstellen, dass der Witze-Vorrat noch weiter reicht. Tut er aber doch mit einem flotten Schwimmflossenballett oder Gieseckes Sesselbahnfahrt.

Mit Schampus ins Finale

Der Text ist mit ein paar aktuellen Bosheiten angereichert, der Kaiser wird mit einer wahren Kaiser-Kakophonie empfangen, Ralph Benatzky muss als Komponist bis zum Schluss noch ein paar einschmeichelnde Melodien los werden – bis die Austria-Revue mit Schampus in die finale Tripelhochzeit einbiegt und es Goldflitter regnen kann: auch auf die adrette Rößl-Wirtin Vera Semieniuk, den schmalzig sülzenden Dr. Siedler (Matthias Laferi) oder den biegsam-schönen Sigismund (Matthias Weißschuh). Die Warnung auf dem Besetzungszettel: „Die Aufführung kann 85 dB überschreiten“, war vergebens: die Applausstärke lag weit darüber.

Weitere Vorstellungen am Dienstag, 8. Dezember, dann erst wieder am 15., 19., 22., 27. 12. und zweimal an Silvester; Karten * (09 41) 5 07 24 24.

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