Der zermürbende Alltag an der Westfront

9.6.2015, 16:11 Uhr
Der zermürbende Alltag an der Westfront

© F.: Stadtmuseum

Keine offizielle Regimentsgeschichte vermag die Ereignisse des Ersten Weltkriegs so hautnah zu schildern wie die Einträge aus Tagebüchern von Frontsoldaten, so wie dieser Bericht vom 27. Mai 1918 eines Soldaten aus Neumarkt: „Ich, Kamerad Kiefer und Unteroffizier Weidmann standen früh um 1.35 Uhr an unserem Geschütz und unterhielten uns über zu Hause und so weiter.

Die Stimmung war eine sehr gedrückte, Kiefer meinte des Öfteren, heute geht es nicht gut. Kopf hoch, war meine Parole, es geht schon, wir haben bis heute immer Glück gehabt. Mit Gott. Plötzlich schlug neben unserem Geschütz ein schweres Kaliber ein. Ein entsetzlicher Schlag.

Ich stürzte kopfüber in ein Granatloch und verlor momentan die Besinnung. Erholte mich jedoch sofort und krabbelte aus dem Loch. Laufen konnte ich noch, doch verspürte ich heftige Schmerzen im Gesicht und am Rücken.

Das Blut rann mir übers Gesicht, doch hatte ich keine Zeit, weiter mich zu betrachten, ich musste nach meinen Kameraden sehen. Kiefer lag direkt neben dem Laffettenschwanz hingestreckt.“

Granatsplitter traf Unterkiefer

Von der täglichen eintönigen Routine seit der Einberufung bis hin zu jenem Tag, an dem seine beiden Kameraden Opfer der feindlichen Artillerie wurden, schildert Anton Fuchs seine Kriegserlebnisse. Er selbst wurde von einem Granatsplitter im Unterkiefer getroffen, kam aber damit noch glimpflich davon.

Der zermürbende Alltag der Soldaten im Stellungskrieg an der Westfront und ihr Versuch, mittels Feldpost und Paketen die Verbindung zu den Lieben zuhause aufrecht zu erhalten, wird anhand von Einzelschicksalen dokumentiert. Ein anderer Aspekt ist der Alltag in der Heimat, geprägt von der Abwesenheit eines Großteils der männlichen Bevölkerung. So hatte nicht nur das agrarisch geprägte Umland unter dem Arbeitskräftemangel zu leiden, auch in der Kleinstadt wurden vermehrt Frauen in Berufen beschäftigt, die bis dahin als Männerdomänen galten.

Der steigende Bedarf an Rüstungsgütern führte zudem zu gravierenden Veränderungen in der Neumarkter Industriestruktur, so dass sich die Sprengstoff produzierenden Cahücitwerke zum größten Betrieb entwickelten. Obwohl Neumarkt erst 1909, fünf Jahre vor Kriegsbeginn, mit der Verlegung der hier stationierten Chevaulegers seine Jahrhunderte alte Tradition als Garnison aufgeben hatte müssen, blieb der Stadt eine militärische Einrichtung – die Remontenanstalt.

Erste Luftaufnahme

Diese diente der Ausbildung junger Pferde, die beim Militär als Reit- und Zugpferde eingesetzt wurden und war erst 1894 gegründet worden. Sie beherbergte bis zu 500 Pferde, die auch mit Futtermitteln aus der Umgebung versorgt werden mussten, da das Neumarkter Remontedepot als einziges in Bayern nicht über einen angegliederten Landwirtschaftsbetrieb verfügte.

Erstmalig berichtet die Ausstellung von Überlegungen seitens des Kriegsministeriums, südlich von Neumarkt eine Militär-Fliegerstation zu errichten. Als Attraktion zeigt sie die erste Luftaufnahme der Stadt aus dem Jahre 1917.

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