Endlich wieder eine Synagoge in Regensburg

17.2.2015, 11:15 Uhr
Endlich wieder eine Synagoge in Regensburg

© Foto: Jüdische Gemeinde Regensburg

„Unsere Räumlichkeiten reichen hinten und vorne nicht aus“, erzählt Ilse Danziger, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Regensburg, beim Ortstermin. Im dem schmalen Verwaltungsgebäude der Gemeinde am Brixener Hof mitten in der Altstadt haben gerade mal ein Büro, eine Bibliothek, ein kleiner Gebetsraum und die Hausmeisterwohnung Platz. An Feiertagen treffen sich die Gläubigen in einem Mehrzwecksaal für knapp 100 Personen in einem Flachbau, der in den 60er Jahren im Hof des Gemeindezentrums entstand. Kein angemessener Ersatz für die prächtige Synagoge, die hier bis 1938 stand und in der Reichspogromnacht zerstört wurde.

„Das jüdische Leben spielt sich grundsätzlich in der Gemeinschaft ab, nach den Gottesdiensten bleibt man zum Reden und gemeinsamen Essen zusammen. Das ist hier kaum möglich“, bedauert Danziger. Zu hohen Feiertagen werde die Gemeinde teils zu drei unterschiedlichen Terminen eingeladen, damit die Gläubigen Platz finden. Der Hintergrund: Nachdem die Gemeinde nach 1945 lange nur etwa 100 Mitglieder zählte, verzehnfachte sich die Zahl in den 90er Jahren durch den Zuzug von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion. Die Neuankömmlinge brachten frischen Wind, der Platz im Gemeindezentrum reicht für die nunmehr 1000 Mitglieder aber bei weitem nicht.

Ehrgeiziger Zeitplan

Seit Jahren schwebt der Gemeinde daher vor, eine neue Synagoge auf ihrem Grundstück am Brixener Hof zu bauen. Nun steht auch ein Datum fest: Bis 2019 soll das Gotteshaus errichtet werden – und damit genau 500 Jahre nach der Zerstörung der ersten Regensburger Synagoge, die bis 1519 am Neupfarrplatz stand, eröffnet werden. Danziger weiß, dass das ein ehrgeiziger Zeitplan ist. Doch die ersten Schritte sind bereits getan.

Anfang des Jahres startete ein Architektenwettbewerb. Zehn Büros wurden eingeladen, Entwürfe abzugeben. Die Vorgaben: Es soll eine Synagoge für rund 200 Menschen entstehen, plus Nebenräume für Schulunterricht, Treffen und die Bibliothek. Eine besondere Anforderung für die Architekten: Einerseits müssen sie die Sicherheitsbedürfnisse der Gemeinde erfüllen – wie der jüngste Angriff auf eine Synagoge in Kopenhagen schmerzlich vor Augen führt. Andererseits will sich die Gemeinde keinesfalls abschotten, wie Danziger betont.

Auf keinen Fall soll es ein Nachbau der 1938 zerstörten Synagoge werden, sondern ein moderner Bau, der sich zugleich in das Stadtensemble einfügt. „Wir wollen nichts Pompöses.“ Im Mai soll eine Jury über die eingereichten Entwürfe entscheiden. Ein weiterer Knackpunkt ist die Finanzierung: Etwa 3,5 Millionen Euro wird der Synagogen-Neubau kosten. Dazu kommen die Sanierung und die statische Absicherung des bestehenden Gebäudes.

Hilfe kommt vom 2013 gegründeten Förderverein „Neue Regensburger Synagoge“: 30 engagierte Bürger haben sich zusammengetan, um das Vorhaben durch das Eintreiben von Spenden und Öffentlichkeitsarbeit zu unterstützen. Die Mitglieder seien keine Juden, wollen sich aber der historischen Verantwortung der Stadt stellen, erklärt Dieter Weber, Vorsitzender des Fördervereins. „Es waren Bürger der Stadt, die die Synagoge zerstört haben und zugeschaut haben, wie die Juden vertrieben wurden.“ Deshalb sei es heute Aufgabe der Stadtgesellschaft, dafür zu sorgen, dass jüdisches Leben in Regensburg in adäquater Form möglich ist.

Sobald der Architektenwettbewerb einen Siegerentwurf hervorgebracht hat, wollen sich Förderverein und Gemeinde daher an Stellen der öffentlichen Hand wenden – von der Stadt bis zum Freistaat. Von mehreren Seiten gebe es bereits positive Signale. Ilse Danziger setzt alles auf das Gelingen des Vorhabens, denn: „An der Synagoge hängt es, ob die Gemeinde am Leben bleibt. Wenn wir Veranstaltungen nicht durchführen können, verlieren wir unsere Leute.“

Die jüdische Gemeinde in Regensburg ist älter als der Dom: Sie existiert seit mindestens dem 10. Jahrhundert und ist eine der bedeutendsten jüdischen Gemeinden im deutschsprachigen Raum. Bereits 1230 hatte die Gemeinde eine Synagoge am Neupfarrplatz, die 1519 durch Regensburger Bürger zerstört wurde. 1912 wurde am heutigen Brixener Hof 2 eine neue Synagoge eingeweiht. In der Reichspogromnacht im November 1938 wurde das Gotteshaus abgebrannt, die Juden vertrieben. Der Förderverein „Neue Regensburger Synagoge“ sieht die Stadtgesellschaft in einer historischen Verantwortung.

Das Spendenkonto: „Neue Regensburger Synagoge e. V.“, IBAN DE12 7505 0000 0026 5954 39, Sparkasse Regensburg, BIC BYLADEM1RBG, Verwendungszweck „Neues Jüdisches Zentrum“.

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