Vom "Schandfleck" zum Schmuckstück

11.9.2017, 10:45 Uhr
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© Fotos: Stefan Hippel

Berschneider erinnerte an den jahrelangen Leerstand der Gebäude seit den frühen 80er Jahren ("ein Schandfleck"), nachdem die legendäre Diskothek "Rustica" und die Bar "Old Bailey", die in den Gewölben einst ihr Domizil hatten, dicht gemacht hatten. Da wurden bei den Teilnehmern der Führung und auch bei Berschneider selbst gleich Erinnerungen wach: "Das war hier unsere Jugend", sagte Berschneider und sprach eine Frau direkt an: "Sie kenne ich doch noch aus der Rustica." Die Angesprochene, Rosmarie Rizzi, bekannte, dass sie in der Disco mal einen ersten Preis beim Rock’n’Roll-Tanzen gewonnen hatte.

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Wo einst getanzt wurde, ist jetzt der Vorraum zum neuen Veranstaltungssaal im früheren Brauereigebäude. Der Saal ist ein Schmuckstück geworden, das konnte jeder sehen. Berschneider zeigte Fotos, wie es hier früher ausgesehen hatte und erläuterte die Sanierungsarbeiten. So wurden aus dem Brauereigebäude die Zwischendecke und der Fabrikschlot entfernt, der Dachstuhl aber erhalten. Sein besonderes Flair bezieht der Saal auch aus dem Erhalt der originalen Wandstrukturen mit "krummen Kanten" und den Fensteröffnungen. Trotz seiner Höhe habe der Raum eine gute Akustik, was der Dachschalung, den Vorhängen, den Öffnungen und Rücksprüngen zu verdanken sei, wie Berschneider erklärte.

Alles war marode

Rund 3,5 Millionen Euro hat der Umbau des ehemaligen Kapuzinerklosters gekostet, woran sich Staat, Kommune, Landkreis, Bezirk und Landeskirche beteiligten und die evangelische Kirchengemeinde Neumarkt etwa ein Drittel der Kosten beisteuerte. Den Veranstaltungsaal hat die Stadt bezahlt. "Alles, was wir aufgemacht haben, war marode. Trotzdem mussten wir darauf achten, dass die Kosten stimmen", sagte Berschneider. "Bloß in Berlin nicht", rief eine Besucherin dazwischen. "Die können ja nichts", entgegnete Berschneider und prophezeite, dass der neue Berliner Flughafen nie fertig wird. Die aufwendige Sanierung des Klosters habe sich dagegen gelohnt: "Die Kirche und die Stadt sind überglücklich mit den Räumen. Und ein Neubau wäre auch nicht billiger geworden."

Zudem könnten neue Räume nicht mit einem so guten Raumklima aufwarten, betonte der Architekt. "Riechen Sie das, die frische Luft?", fragte Berschneider die Leute im Bonhoeffer-Saal des neuen Gemeindezentrums. Für das gute Raumklima sorgen der Kalkputz, "ganz ohne Chemie", die dicken Wände, die Holzböden, die teilweise erhalten wurden, die wunderschönen Holzbohlendecken und nicht zuletzt die Wand- und Fußbodenheizung.

Moderne Holzfenster

Berschneider lobte die gute Zusammenarbeit mit den Handwerkern, die alle aus der Region stammen. Bei den Fenstern hat man teilweise die alten Eisenfenster mit Isolierglas nachgebaut, teilweise moderne Holzfenster eingesetzt. Der Architekt lenkte die Aufmerksamkeit der Besucher auf Details wie die Türstöcke, die in die Mauer eingelassen wurden, so dass nur das Türblatt sichtbar ist und die tiefen Laibungen gut

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zur Geltung kommen. In den Räumen des Dekanats schaut Martin Luther die Gäste von der Wand an. Vermutlich könnte Berschneider auch ihn davon überzeugen, dass seine Arbeit am früheren Kapuzinerkloster für die Stadt und die evangelische Kirche "ein Glücksfall" war. Erbaut wurde das Neumarkter Kloster im 17. Jahrhundert übrigens mit Steinen der Burgruine Wolfstein. Dort wurden die angekündigten Führungen allerdings aus Witterungsgründen abgesagt. Das Kloster in Gnadenberg, durch das der Kulturhistorische Verein führte, zog dagegen auch etliche Besucher an.

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